Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
a) Verrichtungsgehilfe
Rz. 686
Maßgeblich für die Qualifikation als Verrichtungsgehilfe sind die faktischen Verhältnisse. Verrichtungsgehilfe ist derjenige, dem von einen anderen (Geschäftsherr), unter dessen Einfluss er allgemein oder im konkreten Fall handelt und zu dem er in einer gewissen Abhängigkeit steht, eine Tätigkeit übertragen worden ist; der Verrichtungsgehilfe muss den Weisungen des Geschäftsherrn unterworfen sein. Verfassungsmäßige Vertreter sind keine Verrichtungsgehilfen, weil deren Tätigkeit auf gesetzlichen Pflichten und nicht auf Weisungen beruht; für deren Handeln gilt die Haftungszuweisung nach § 31 BGB.
Rz. 687
Für die Weisungsabhängigkeit genügt es, dass der Geschäftsherr die Tätigkeit des Handelnden jederzeit beschränken, entziehen oder nach Zeit und Umfang bestimmen kann. Das Weisungsrecht braucht nicht ins Einzelne zu gehen; maßgeblich ist die tatsächliche Steuerungsmöglichkeit des Geschäftsherrn und die damit verbundene Einflussnahme, das schadensträchtige Handeln zu vermeiden. Unerheblich ist, ob eine soziale Unterordnung des Gehilfen besteht, er Vertretungsbefugnis für den Geschäftsherrn hat, seine Tätigkeit höherer oder niederer Art ist oder ihm ein Entgeltanspruch für seine Dienste zusteht. Erforderlich ist die Weisungsabhängigkeit gerade bei Ausübung der schadensbringenden Verrichtung. Deshalb ist bei Vermietung einer Maschine (z.B. Kran oder Bagger) nebst Bedienpersonal der Maschinenführer Verrichtungsgehilfe des Mieters, wenn der Mieter nach dem zugrunde liegenden Miet- und Dienstverschaffungsvertrag während des Einsatzes unmittelbar vor Ort Einfluss nehmen kann. Den Vermieter trifft gegebenenfalls ein Auswahlverschulden hinsichtlich des bereitgestellten Personals.
Rz. 688
Meist – aber nicht notwendig – liegt dem Weisungsrecht ein Dienst- oder Arbeitsvertrag zugrunde. Es genügt jedoch ein tatsächliches Verhältnis, das eine faktische Weisungsmöglichkeit enthält, etwa ein Gefälligkeitsverhältnis, weil den Geschäftsherrn auch insoweit Auswahl- und Aufsichtspflichten treffen.
Rz. 689
Als Verrichtungsgehilfen sind beispielsweise angesehen worden:
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typischerweise der Arbeitnehmer (allgemeine Meinung); |
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auch Leiharbeiter, die in den Aufnahmebetrieb eingegliedert sind, und |
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der angestellte Ehegatte; |
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der Fahrlehrer für den Fahrschulinhaber; |
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der Firmenkundenbetreuer für eine Bank; |
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der Handelsvertreter, soweit er trotz § 84 HGB Weisungen des Geschäftsherrn unterliegt; |
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der Hausmeister für die Hausverwaltung; |
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die angestellte Hebamme, außer für den Krankenhausträger auch für den Belegarzt; |
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die freiberufliche Hebamme nur für den Belegarzt; |
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das mit der Hausbeaufsichtigung betraute erwachsene Kind für seine Eltern; |
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der bevollmächtigte Rechtsanwalt für die Partei; |
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der ehrenamtliche Reitlehrer für den Reitverein; |
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die Schiffsbesatzung für den Reeder; |
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der Übungsleiter für seinen Verein; |
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der Urlaubsvertreter eines Arztes; |
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der Stationsarzt, dem die Leitung einer Abteilung übertragen ist, für den aufsichtspflichtigen Chefarzt betreffend die Patientenaufklärung; |
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das Pflegepersonal im Seniorenheim bei der Wahrnehmung allgemeiner Verkehrssicherungspflichten zum Schutz der Bewohner gegenüber dem Träger; |
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der Vertrauensarzt einer Krankenkasse und |
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der Warenhausdetektiv für den Warenhausinhaber. |
Rz. 690
Keine Verrichtungsgehilfen sind:
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der selbstständige Unternehmer, der Einteilung und Umfang seiner Tätigkeit frei bestimmt; |
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der Architekt für den Bauherrn aufgrund seiner Weisungsunabhängigkeit; |
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der Belegarzt für den Krankenhausträger; |
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Ehegatten untereinander hinsichtlich der Haushaltsführung; |
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ein Gesellschafter für die übrigen Gesellschafter; |
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der Grillhelfer für den Gastgeber einer privaten Feier; |
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der Taxifahrer für den Fahrgast; |
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der Nachbar für in Nachbarschaftshilfe vorgenommene (Elektro-)Arbeiten; |
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der Treuhänder sowie |
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gesetzliche Vertreter – deren Tätigkeit nicht auf dem Willen eines Bestellers beruht – wie Testamentsvollstrecker, Insolvenz- und Zwangsverwalter. |
Rz. 691
Der ein Fahrzeug gegen den Willen des Halters verwendende Schwarzfahrer ist – unbeschadet der Vorschrift des § 7 Abs. 3 StVG – niemals Verrichtungsgehilfe des Fahrzeughalters, weil er nicht in Ausführung der ihm aufgetragenen Verrichtungen handelt.