Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 995
Die Sicherungspflicht für öffentliche Straßen und Wege umfasst nur zumutbare und verhältnismäßige Maßnahmen. Das Kriterium der Zumutbarkeit hat sowohl eine wirtschaftliche als auch eine organisatorische Komponente. Bei qualifizierten Gefahren, die zu besonders schweren Schäden führen können, sowie bei Unfallschwerpunkten kann der Straßennutzer aber stets darauf vertrauen, dass der Sicherungspflichtige Abhilfe- oder Warnmaßnahmen ergreift. Unzumutbar sind dagegen generell vorbeugende Maßnahmen, soweit nicht im Einzelfall mit dem sicheren Eintritt von nicht beherrschbaren Gefahren gerechnet werden muss.
Rz. 996
Vorbeugenden Charakter haben allerdings Kontrollpflichten des Sicherungspflichtigen, nach denen der Verkehrsweg regelmäßig darauf zu überprüfen ist, ob neue Schäden entstanden und Sicherungsmaßnahmen zu ergreifen sind. Von dieser Kontrollpflicht werden alle möglichen Gefahrenquellen erfasst, die sich aus der Anlage der Straße und ihren Bestandteilen, ihrem Ausbauzustand und ihrer ständigen Belastung sowie aus den zu erwartenden Einwirkungen von anliegenden Grundstücken ergeben können. In diesem Zusammenhang sind auch technische Vorschriften wie die DIN von Bedeutung, berufsgenossenschaftliche Sicherheitsbestimmungen und sonstiges fachspezifisches Erfahrungswissen (z.B. bei der Kontrolle von Straßenbäumen die "Baumkontrollrichtlinien – Richtlinie für Regelkontrollen zur Überprüfung der Verkehrssicherheit von Bäumen" der Forschungsgesellschaft Landschaftsentwicklung Landschaftsbau e.V. [FLL], kurz: FLL-Richtlinien). Ob und in welchem Umfang die Verkehrsflächen auf mögliche Gefahren zu überwachen sind, hängt wiederum von dem Maß der drohenden Gefahr, der Anlage der Straße, ihrer Verkehrsbedeutung und davon ab, in welchem Umfang Kontrollen den sicherungspflichtigen Körperschaften auch wirtschaftlich zumutbar sind.
Rz. 997
Zur Organisation von Kontrollen bedarf es innerbehördlicher Vorkehrungen. Fehlt es daran, kann eine Vermutung dafürsprechen, dass bei Durchführung von Kontrollen ein konkretes Unfallereignis vermieden worden wäre.
Rz. 998
Liegt eine abhilfebedürftige Gefahrenquelle vor und wird sie der sicherungspflichtigen Körperschaft bekannt, ist sie grundsätzlich zu beseitigen. Eine Warnung, die die Gefahrenstelle hinreichend sichern muss, reicht aber aus, soweit sofortige Abhilfe nicht möglich oder (wirtschaftlich) unzumutbar ist. Die Warnung muss ihrerseits jederzeit erkennbar sein, so dass deren Beleuchtung bei Dunkelheit erforderlich sein kann.