Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 871
Inhaltlich bestimmen sich die Amtspflichten des Beamten aus den gegenüber seinem Dienstherrn bestehenden Aufgaben und Pflichten. Sie können auf Gesetz, Rechtsverordnung, allgemeinen Dienst- und Verwaltungsvorschriften und dienstlichen Einzelanweisungen beruhen sowie sich aus der Natur der wahrzunehmenden Aufgabe ergeben. Primär kommt es für die Ausgestaltung der von einem Beamten wahrzunehmenden Amtspflichten aber darauf an, welche Weisungen ihm sein Dienstherr erteilt hat. Handelt ein Amtsträger zwar objektiv rechtswidrig, aber auf konkrete Weisung einer vorgesetzten Stelle, kommt der Vorwurf einer Amtspflichtverletzung regelmäßig nicht in Betracht. Über die Festlegungen durch das konkrete Dienstverhältnis hinaus stellt im haftungsrechtlichen Sinne die Pflicht zu gesetzmäßigem Handeln die herausragende Amtspflicht des Beamten dar. Hierzu gehört es, Form-, Zuständigkeits- und Verfahrensvorschriften zu beachten, eingeräumtes Ermessen rechtsfehlerfrei auszuüben sowie Beurteilungsspielräume sachgemäß unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit auszufüllen. Die für die Führung seines Amtes erforderlichen Rechts- und Verwaltungskenntnisse hat sich der Beamte zu verschaffen. Bei der Gesetzesauslegung und Rechtsanwendung hat er die Rechtslage unter Zuhilfenahme der ihm zu Gebote stehenden Hilfsmittel sorgfältig und gewissenhaft zu prüfen und sich danach aufgrund vernünftiger Überlegung eine Rechtsmeinung zu bilden. Ferner gehört es zu den Amtspflichten des Beamten, deliktische Schädigungen Dritter zu unterlassen und dafür zu Sorge tragen, dass unbeteiligte Dritte durch seine Amtstätigkeit nicht beeinträchtigt werden. Den Amtsträger trifft die Pflicht, Anträge mit der gebotenen Beschleunigung zu bearbeiten, den maßgeblichen Sachverhalt im Rahmen des Zumutbaren möglichst umfassend zu erforschen und nach abgeschlossener Prüfung ungesäumt zu bescheiden. Mitteilungen und Auskünfte, die ein Beamter erteilt, müssen dem Stand seiner Erkenntnismöglichkeit entsprechend sachgerecht, das heißt vollständig, richtig und unmissverständlich sein, sodass der Empfänger der Auskunft entsprechend disponieren kann. Um den Bürger vor erkennbar drohendem Schaden zu bewahren, hat der Beamte Hinweise zu erteilen und Aufklärung zu leisten, rechtswidrige Folgen seines Handelns hat er zu beseitigen. Die Behörde darf sich nicht zu dem eigenen früheren Verhalten in Widerspruch setzen, wenn die Rücksichtnahme auf die Interessen des Betroffenen es gebietet, das von diesem in den Bestand der Maßnahme gesetzte Vertrauen zu schützen. Repressive Eingriffe der Polizei dürfen nicht zu unverhältnismäßigen Gefährdungen führen, die zu dem Zweck des Handelns – etwa mit einer Maßnahme der allgemeinen Verkehrskontrolle oder der Ahndung einer Verkehrsordnungswidrigkeit – außer Verhältnis stehen. Maßnahmen im Rahmen der Amtsausübung dürfen nicht ihrerseits zur Quelle der Gefährdung von Rechtsgütern werden. Die Erfüllung der allgemeinen Verkehrssicherungspflicht gehört unmittelbar zu den Amtspflichten, und zwar auch dann, wenn in Erfüllung der staatlichen Aufgabe privatrechtlich gehandelt wird.