Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 931
Die Staatshaftung nach Art. 34 GG kann nur durch ein formelles Gesetz oder aufgrund eines solchen Gesetzes ausgeschlossen oder eingeschränkt werden. Die autonome Satzungsgewalt der Gemeinden umfasst diese Befugnis nicht. Sind Haftungsbeschränkungen unzulässig, erstreckt sich das auf die unberührt bleibende persönliche Haftung des Beamten im Sinne des § 839 Abs. 1 S. 1 BGB. Grundsätzlich muss es bei dem System der Staatshaftung bleiben; eine wesensverändernde Einschränkung der den Staat treffenden Einstandspflicht für Amtsunrecht ist nach dem Wortlaut des Art. 34 S. 1 GG nicht zulässig. Gleichwohl hat es der Gesetzgeber in der Hand, durch den Erlass landesrechtlicher Bestimmungen den Schutzzweck bestimmter Amtspflichten zu konkretisieren beziehungsweise einzugrenzen.
Rz. 932
Nach dem fortgeltenden, vorkonstitutionellen Gesetz über die Haftung des Reiches für seine Beamten (RBHaftG) vom 22.5.1910 sowie den entsprechenden Landesgesetzen ist die Haftung des Staates für Gebührenbeamte ausgeschlossen. Sie haften für Amtspflichtverletzungen persönlich. Gebührenbeamter ist beispielsweise der Notar oder der Bezirksschornsteinfeger, auch wenn Letzterer auf dem früheren Gebiet des Landes Baden nicht persönlich haften, sondern die Amtshaftung eingreifen soll. Ihm obliegende Amtspflichten nimmt der Bezirksschornsteinfeger auch nach der Reform des Schornsteinfegerwesens durch das Schornsteinfeger-Handwerksgesetz als öffentlich-rechtliche Aufgaben wahr. Hierzu zählen unter anderem die Ausstellung von Bescheinigungen zu Bauabnahmen nach Landesrecht und die Feuerstättenschau. Eine Haftungsüberleitung auf den Staat findet dagegen statt, wenn der Schornsteinfeger im Rahmen einer Brandbekämpfung lediglich als Gehilfe der Feuerwehr tätig wird.
Rz. 933
Keine Gebührenbeamten sind dagegen etwa der Gerichtsvollzieher, selbstständige Prüfingenieure für Baustatik, öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige oder die Mitglieder hessischer Ortsgerichte. Ob eine Haftungsüberleitung auf den Staat bei der Aufgabenwahrnehmung von Öffentlich bestellten Vermessungsingenieuren stattfindet, ist vom jeweiligen Landesrecht abhängig.
Rz. 934
Amtshaftungsansprüche sind sondergesetzlich nach § 46 BeamtVG und § 91a SVG für Beamte und Soldaten sowie nach §§ 104 ff. SGB VII für Arbeitnehmer, Kindergartenkinder, Schüler und Studenten mit den dort geregelten Einschränkungen ausgeschlossen; danach können Amtshaftungsansprüche nur dann geltend gemacht werden, wenn der Dienst- oder Arbeitsunfall auf einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung beruht oder bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr eingetreten ist. Diese Bestimmungen über gesetzliche Haftungsbeschränkungen sind verfassungsgemäß.
Rz. 935
Ob sich der Unfall bei der Teilnahme am allgemeinen Verkehr ereignet hat, hängt von dem sachlichen Zusammenhang des Unfalls mit der betrieblichen oder dienstlichen Tätigkeit der schadensursächlichen Handlung ab. Daran fehlt es bei den von einem Beamten verschuldeten Wegeunfällen, die in keinem oder nur entferntem inneren Zusammenhang der Dienstausübung des Verletzten zum Schädiger stehen. Verwirklicht sich bei dem Wegeunfall dagegen eine Gefahr des innerdienstlichen Betriebes, der die fehlerfreie, auch den Schutz des Verletzten betreffende Amtsausübung entgegenwirken sollte oder die zu seinen Gunsten zu beseitigen war, ist der Geschädigte nicht auf die Versorgungs- und Versicherungsleistungen beschränkt und kann die von § 839 Abs. 1 BGB gewährten weitergehenden Ansprüche geltend machen.