Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
a) Haftung von Mittätern und Teilnehmern als Gesamtschuldner
Rz. 1134
Haben mehrere durch eine gemeinschaftlich begangene unerlaubte Handlung einen Schaden verursacht, so ist nach § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB jeder für den Schaden verantwortlich. Mehrere vorsätzlich als Mittäter oder Teilnehmer (§ 830 BGB Abs. 2 BGB) handelnde Schädiger haften dem Geschädigten daher unabhängig von der Art ihrer Beteiligung grundsätzlich gemeinsam nach § 840 Abs. 1 BGB als Gesamtschuldner.
Im Rahmen der Prüfung eines Mitverschuldens des Geschädigten gemäß § 254 BGB sind die Verursachungs- und Schuldbeiträge der als Mittäter oder Teilnehmer Handelnden in einer Gesamtschau dem Beitrag des Geschädigten gegenüberzustellen. Hierbei ist es dem vorsätzlich handelnden Schädiger in der Regel verwehrt, sich auf ein fahrlässiges mitwirkendes Verhalten des Geschädigten zu berufen. Aufgrund der konkreten Umstände des Einzelfalls kann, insbesondere bei bedingt vorsätzlichem Handeln des Schädigers, ausnahmsweise aber dennoch der fahrlässige Verursacherbeitrag des Geschädigten im Rahmen der Gesamtabwägung zu berücksichtigen sein.
Rz. 1135
Zu beachten ist noch, dass die gesamtschuldnerische Haftung in den Fällen eines Exzesses einzelner Schädiger regelmäßig begrenzt sein wird: Da Grundlage der wechselseitigen Zurechnung einzelner Tatbeiträge der gemeinsame Vorsatz ist, kommt eine Zurechnung regelmäßig nicht in Betracht in den Fällen eines Exzesses einzelner Handelnder, der von einem gemeinsamen Tatplan und dem Vorsatz der anderen Schädiger nicht gedeckt ist. In diesen Fällen ist die gesamtschuldnerische Haftung auf den Umfang, der sich ohne den Exzess ergibt, begrenzt.
b) Haftung von Nebentätern als Gesamtschuldner
Rz. 1136
Nebentäter sind deliktisch Handelnde, die den Schaden ohne bewusstes Zusammenwirken durch selbstständige unerlaubte Handlungen vollbracht haben. Sie sind nebeneinander verantwortlich, wenn sie nicht nur einen abgrenzbaren Teilschaden verursacht, sondern eine zurechenbare Bedingung für den Gesamtschaden gesetzt haben.
Rz. 1137
Auf das Handeln fahrlässiger Nebentäter ist § 830 Abs. 1 Satz 1 BGB nicht anwendbar.
Im Ausgangspunkt ergibt sich aus § 840 Abs. 1 BGB zunächst, dass der Geschädigte von jedem der fahrlässigen Nebentäters grundsätzlich den Ersatz seines gesamten Schadens verlangen kann. Es besteht im Verhältnis zum Geschädigten grundsätzlich die volle Haftung, ohne dass einer der Schädiger auf den Tatbeitrag des anderen verweisen könnte. Im Innenverhältnis ist die Haftung zwischen den Gesamtschuldnern aber nach § 426 Abs. 1 BGB entsprechend den jeweiligen Anteilen an der Herbeiführung des Schadens aufzuteilen.
Rz. 1138
Dieser Grundsatz ist aber z.B. dann eingeschränkt, wenn sich die Haftung eines einzelnen Nebentäters aufgrund unterschiedlicher gesetzlicher Grundlage ergibt und hierdurch für seine Haftung spezialgesetzliche Haftungsobergrenzen zu beachten sind (z.B. § 12 StVG, § 10 ProdHaftG; § 10 HaftPlfG; zur Beschränkung bei enteignungsrechtlichem Entschädigungsmaßstab vgl. BGH, Urt. v. 26.11.1982). Liegt der Gesamtschaden höher, besteht die Gesamtschuld nur in der sich aus einer solchen Begrenzung ergebenden Höhe. Für den weiteren Betrag haften nur der nicht der Begrenzung unterliegende Schädiger allein oder bei mehreren nicht der Begrenzung unterliegenden Schädigern diese ggf. wiederum als Gesamtschuldner.
Rz. 1139
Gleiches gilt, wenn sämtliche fahrlässig handelnde Schadensverursacher eine Haftungseinheit bilden. In allen diesen Fällen ergibt sich der von den Gesamtschuldnern aufzubringende und untereinander zu verteilende Schaden aus dem Gesamtschaden des Geschädigten abzüglich des Anteils vom Schaden, den der Geschädigte im Falle seiner Mitverantwortlichkeit selbst tragen muss. Denn in diesen Fällen erfolgt die Verteilung des Schadens zwischen dem Geschädigten und den ihm haftenden Schadensverursachern nicht anders als stünde dem Geschädigten nur ein einziger Schadensverursacher gegenüber.
Rz. 1140
Besonderheiten ergeben sich schließlich, wenn die Beiträge der Schädiger nicht zu einer Haftungs- oder Zurechnungseinheit verbunden sind und auch dem Geschädigten ein Mitverursachungsanteil anzulasten ist. Um unbillige Ergebnisse zu vermeiden, ist in diesen Fällen das Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung mit dem Abwägungsprinzip des § 254 BGB bzw. des § 17 StVG in Einklang zu bringen, indem die Einzelabwägungen zwischen dem Geschädigten und den jeweiligen Schädigern mit einer aus der Gesamtschau ...