Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 297
Inhalt der Verkehrsregelungspflicht ist es, für die Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs zu sorgen; dazu sind Verkehrszeichen und sonstige Verkehrseinrichtungen aufzustellen. Die Verkehrsregelung mittels Verkehrszeichen (§ 45 StVO) ist eine hoheitliche Aufgabe und obliegt als Amtspflicht der örtlich und sachlich zuständigen Straßenverkehrsbehörde (§ 44 Abs. 1, § 45 Abs. 3, 4 StVO) oder, wenn sie zur Durchführung von Straßenbauarbeiten erfolgt, den Straßenbaubehörden (§ 45 Abs. 2 StVO). Hier gilt das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB. Das Aufstellen von Gefahrzeichen kann zur Erfüllung der Verkehrsregelungs- und der Verkehrssicherungspflicht geboten sein. Das ist zB der Fall, wenn Wild häufig eine Straße überquert; dann kann es zur Sicherheit der Verkehrsteilnehmer geboten sein, das Gefahrzeichen "Wildwechsel" anzubringen.
Rz. 298
Sowohl die Verkehrsregelungs- als auch die Verkehrssicherungspflicht verfolgen das Ziel, Gefahren durch den öffentlichen Straßenverkehr zu vermeiden. Für beide Pflichten gelten vergleichbare Maßstäbe, sie sind haftungsrechtlich einheitlich zu betrachten. Ein Nebeneinander der Haftung aus der Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und der Verkehrsregelungspflicht ist möglich. Die Verantwortung für das Anbringen vorschriftsmäßiger Verkehrszeichen trägt gemäß § 45 Abs. 5 S. 1 StVO grundsätzlich der Baulastträger. Auch hierbei handelt es sich um eine hoheitliche Aufgabe. Im Einzelfall kann der Träger der Straßenbaulast aber verpflichtet sein, bei der Straßenverkehrsbehörde auf eine Änderung der Verkehrsregelung hinzuwirken, wenn er die von einer unzulänglichen Beschilderung ausgehenden Gefahren erkennt oder eine derartige Verkehrsgefährdung so offensichtlich ist, dass sich die Notwendigkeit alsbaldiger Maßnahmen geradezu aufdrängt.
Rz. 299
Eine öffentlich-rechtlich ausgestaltete Straßenreinigungspflicht kann die allgemeine Verkehrssicherungspflicht, die auch eine Straßenreinigungs- und Streupflicht umfasst, überlagern. Beide Pflichten decken sich nach ihrem Umfang und Inhalt innerhalb geschlossener Ortschaften völlig, so dass auch hier das Verweisungsprivileg des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB nicht gilt. Sind die Straßenverkehrssicherungs- und die polizeimäßige Wegereinigungspflicht öffentlich-rechtlich ausgestaltet, so können zwei Amtspflichten nebeneinander bestehen und sich überschneiden. In diesem Fall verdrängt die polizeimäßige Amtspflicht zur Straßenreinigung auch die öffentlich-rechtlich durch Gesetz festgelegte allgemeine Verkehrspflicht mit der aus ihr resultierenden Straßenreinigungs- und Streupflicht.