Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 1308
Parkende Fahrzeuge können für Unfälle mitursächlich sein, insbesondere wenn sie verkehrswidrig abgestellt sind. Da das dynamische Geschehen in erster Linie von dem anderen Teil beherrscht werden kann, wird in solchen Fällen häufig den Parkenden eine geringere Haftungsquote treffen. Besondere Gefahren verursacht dagegen ein Fahrzeugführer, der sich beim Ausparken in den fließenden Verkehr einfädeln will. Ihn trifft in der Regel der höhere Haftungsanteil, u.U. die volle Haftung. Besonderheiten gelten auf Parkplätzen insoweit, als auf beiden Seiten immer mit besonderen Fahrmanövern, mit Unübersichtlichkeit, engen Verhältnissen und im Übrigen auch mit Fußgängern jeden Alters gerechnet werden muss und spezielle Verkehrsregelungen fehlen. Die wechselnden Verkehrssituationen erfordern weitgehend eine stetige Bremsbereitschaft des Fahrzeugführers und die Einhaltung von Schrittgeschwindigkeit. Auch wenn Unfallverschulden bei nur einem von zwei beteiligten Fahrzeugführern festgestellt werden kann, tritt die Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs häufig nicht zurück.
Rz. 1309
Kommt es in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit dem Ausfahren eines Pkw aus einer Parkbucht auf die Fahrbahn zu einem Zusammenstoß mit einem im fließenden Verkehr herannahenden Pkw, kann bei sonst ungeklärter Sachlage eine Haftungsverteilung im Verhältnis von 3:1 zu Lasten des Ausfahrenden gerechtfertigt sein.
Rz. 1310
Setzt ein Fahrzeug von einem Parkplatz rückwärts über beide Fahrbahnen in einem Bogen zurück, um auf der Gegenfahrbahn weiterzufahren können, und stößt es dabei mit einem auf der Gegenfahrbahn gegen Fahrtrichtung geparkten Fahrzeug zusammen, das gerade mehrere Meter rückwärts zurücksetzt, um anfahren zu können, kommt eine hälftige Schadensquotelung in Betracht, wenn der zurücksetzende Fahrer den in das andere Fahrzeug einsteigenden Fahrer beim Einsteigen in sein Fahrzeug wahrnimmt. "Andere Verkehrsteilnehmer" im Sinne von §§ 9 Abs. 5, 10 S1 StVO sind auch die anderen auf die Straße einfahrenden oder am Straßenrand anfahrenden Fahrzeuge. Bei einem Zusammenstoß des rückwärts Ausparkenden mit einem auf der rechten Fahrbahn geradeaus fahrenden Fahrzeug kann die Betriebsgefahr des anderen Fahrzeugs indes regelmäßig zurücktreten. Soweit gegen den rückwärts Ausparkenden ein Anscheinsbeweis in Betracht kommt, kann er diesen erschüttern, indem er vorträgt und beweist, dass er entweder bereits solange auf dem bevorrechtigten Fahrbahnteil stand, dass sich der fließende Verkehr auf ihn einstellen konnte und musste oder dass er sich so weit von der Stelle des Losfahrens entfernt und sich in seinem Fahrverhalten (Einordnen, Geschwindigkeit) so dem Verkehrsfluss angepasst hatte, dass die Tatsache seines Anfahrens unter keinem denkbaren Gesichtspunkt mehr für den weiteren Geschehensablauf ursächlich sein kann.
Rz. 1311
Wurde dem Wartepflichtigen beim Einfahren in eine übergeordnete Straße durch unzulässiges Parken gem. § 12 Abs. 3 S. 1 StVO die Sicht in die Vorfahrtsstraße genommen, haftet der Falschparker für Schäden des Wartepflichtigen zu einem Drittel.
Rz. 1312
Trotz Anwendbarkeit der StVO auf öffentlichen Parkplätzen gilt der Vertrauensgrundsatz zugunsten des Vorfahrtsberechtigten hier nicht uneingeschränkt. Eine Mithaftung des Vorfahrtberechtigten im Umfang von einem Viertel kommt in Betracht, wenn er es daran hat fehlen lassen, die besonderen Sorgfaltspflichten auf Parkplätzen zu beachten.
Rz. 1313
Die Haftung des an sich Bevorrechtigten kann bei einem Unfall auf einem Parkplatz gegenüber dem Wartepflichtigen nach einer Quote von 2:1 gerechtfertigt sein, wenn dem Wartepflichtigen allenfalls ein leichter Verstoß, dem Vorfahrtsberechtigten hingegen ein grober Sorgfaltsverstoß, hier Linksfahren mit unangemessen hoher Geschwindigkeit, zur Last zu legen ist. Stoßen zwei Pkw im Begegnungsverkehr auf einer Parkplatzzuwegung zwischen Stellplätzen gegeneinander, weil einer der beiden Fahrzeugführer die gebotene Schrittgeschwindigkeit (in der Größenordnung von 4 bis 7 km/h) weit überschritten und außerdem gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen hat, so wiegt die Betriebsgefahr dieses Pkw doppelt so schwer wie diejenige des anderen Pkw, selbst wenn auch dieses Fahrzeug eine zu hohe Ausgangsgeschwindigkeit gehabt hat. Die Betriebsgefahr eines Pkw auf einem klar von den Parkflächen abgegrenzten Zufahrtsweg, dessen Fahrer trotz Sichtbehinderung durch parkende Fahrzeuge zu schnell fährt, kann trotz Vorfahrtberechtigung doppelt so hoch zu bewerten sein wie die Betriebsgefahr eines mit diesem Pkw zusammenstoßenden anderen Pkws, dessen Fahrer beabsichtigt, von einer Parkfläche kommend den Fahrweg hinter einem sichtbehindernd abgestellten Fahrzeug zu überqueren.
Rz. 1314
Kommt es zum Zusammenstoß zwischen einem Pkw und einem Fahrrad mit Hilfsmotor auf dem Parkplatz eines Einkaufszentrums, weil beide Fahrzeugführer gleichermaßen unaufmerksam waren, ist die Haftung im Verhältnis von 1:1 zu ...