Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
1. Ersatzpflichtiger Schaden
Rz. 939
Zu ersetzen ist außer dem Sachschaden und dem immateriellen Schaden auch der gesamte Vermögensschaden in Geld, der durch die Amtspflichtverletzung adäquat kausal verursacht worden ist, einschließlich des entgangenen Gewinns.
Rz. 940
Eine schlüssige Schadensberechnung setzt insoweit – wie allgemein im Haftpflichtrecht – eine umfassende Differenzbetrachtung voraus. Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff. BGB zu ersetzender Vermögensschaden vorliegt, beurteilt sich nach einem rechnerischen Vergleich der infolge des haftungsbegründenden Ereignisses eingetretenen Vermögenslage mit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre. Die hierzu erforderliche Differenzberechnung setzt einen Gesamtvermögensvergleich voraus, bei dem alle Folgen des schädigenden Ereignisses zu berücksichtigen sind, die bis zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung eingetreten oder mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind. Nicht zulässig ist es demgegenüber, aus einem Gesamtzusammenhang einzelne Positionen herauszugreifen und ohne Rücksicht auf ihn isoliert als Schaden geltend zu machen. Der Geschädigte hat vielmehr in die von ihm vorzunehmende Vergleichsrechnung alle – auch ihm günstige – Umstände einzurechnen.
Rz. 941
Der Amtshaftungsanspruch kann auch auf die Zahlung eines Schmerzensgeldes oder einer angemessenen Entschädigung in Geld gerichtet sein. Naturalrestitution kann dagegen grundsätzlich nicht verlangt werden. Insbesondere kann im Wege des Schadensersatzes nicht die Vornahme oder Unterlassung einer bestimmten Amtshandlung verlangt werden. Der allgemeine Grundsatz der Vorteilsausgleichung findet auch im Zusammenhang mit einem Amtshaftungsanspruch Berücksichtigung, eine diesen umsetzende Zug-um-Zug-Verurteilung der in Anspruch genommenen Körperschaft begegnet keinen rechtssystematischen Bedenken.
Erstattungsfähig sind die Kosten der zweckgerechten Rechtsverfolgung sowie Schäden, die durch Verzug mit der Ersatzpflicht eintreten. Hat der Sachversicherer zur Prüfung seiner Regulierungspflicht ein Sachverständigengutachten eingeholt, so kann er die hierfür angefallenen Kosten allerdings nicht aus übergegangenem Recht seines Versicherungsnehmers nach § 86 Abs. 1 VVG vom Schädiger ersetzt verlangen.
2. Mitverschulden
Rz. 942
Ein Mitverschulden des Geschädigten ist nach § 254 BGB im Anwendungsbereich von § 839 Abs. 1 S. 1 BGB, Art. 34 S. 1 GG zu berücksichtigen. Es gelten die allgemeinen Regeln. Haftungsausschließend wirkt das Mitverschulden, eine zumutbare anderweitige Ersatzmöglichkeit im Sinne des § 839 Abs. 1 S. 2 BGB nicht in Anspruch genommen zu haben. Insoweit hat der Geschädigte auch nachzuweisen, dass er eine früher vorhandene Ersatzmöglichkeit nicht schuldhaft versäumt hat. Liegt dagegen im Bereich der Verkehrssicherungspflicht ein schuldhaftes Fehlverhalten der öffentlichen Hand vor und ereignet sich infolgedessen ein Schadensfall, kann ein Mitverschulden des Geschädigten nur ausnahmsweise anspruchsausschließend wirken, wobei es stets entscheidend auf die Umstände des Einzelfalls ankommt. Hat bei der Entstehung des Schadens auf der Seite des Geschädigten die Gefahr eines Tatbestandes der Gefährdungshaftung (§§ 7, 17 StVG) mitgewirkt, ist auch die Betriebsgefahr anspruchskürzend zu berücksichtigen.
Rz. 943
Die Zurechnung eines Drittverschuldens erfolgt gemäß §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB im Rahmen der Schadensentstehung, wenn bereits vor dem schädigenden Ereignis eine schuldrechtliche Sonderbeziehung bestand. Durch den Erlass eines schadensstiftenden Verwaltungsaktes und dessen Ausnutzung durch den Geschädigten wird zwischen diesem und der handelnden Behörde ein Schuldverhältnis begründet, das den Geschädigten zur Schadensverhütung beziehungsweise -minderung verpflichtet und in dessen Rahmen er sich das Verschulden von ihm hinzugezogener Dritter anrechnen lassen muss. So muss der Bauantragsteller sich das Mitverschulden seines Architekten, der die fehlende Genehmigungsfähigkeit des gestellten Antrags hätte erkennen müssen, gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Die Zurechnung eines schadensverursachenden Verhaltens von Verrichtungsgehilfen erfolgt im Übrigen nach allgemeinen Grundsätzen über § 831 BGB.