Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 945
Es gelten die allgemeinen Grundsätze, wonach jede Partei im Prozess die Beweislast für die Voraussetzungen der ihr günstigen Norm trägt. Deshalb sind der Tatbestand der Amtspflichtverletzung, das Verschulden und der Schaden vom Geschädigten zu beweisen. Erfüllt die Amtspflichtverletzung die Tatbestände der §§ 836, 832, 833 S. 2 BGB, gelten deren Regeln der Beweislastumkehr. Soweit durch die Verwaltungsgerichte bereits rechtskräftig über die Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit einer Amtshandlung entschieden worden ist, bindet dies im Rahmen der Rechtskraftwirkung des § 121 VwGO auch die Zivilgerichte. Auch im Übrigen können dem Geschädigten in Bezug auf die Darlegung und den Nachweis eines Verschuldens der öffentlichen Hand Erleichterungen zustattenkommen. Der Geschädigte hat darüber hinaus zu beweisen, dass keine anderweitige Ersatzmöglichkeit besteht oder eine aus dem vorgetragenen Sachverhalt folgende anderweitige Ersatzmöglichkeit unzumutbar oder nicht zu realisieren ist; es ist dann Sache der in Anspruch genommenen Körperschaft, eine dritte anderweitige Ersatzmöglichkeit darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen. Die Vereitelung oder Erschwerung der Beweisführung durch die haftende Körperschaft oder den Beamten führt in der Regel nicht zur Umkehr der Beweislast, ist jedoch – wie nach allgemeinen Grundsätzen – bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen. Ferner hat der Geschädigte die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung zu beweisen. Das gilt nicht, wenn die Amtspflichtverletzung nach den Regeln der Teilnahme am allgemeinen Verkehr zu beurteilen ist oder nach dem Grundsatz der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung die allgemeinen deliktsrechtlichen Grundsätze eingreifen (z.B. Verletzung von Verkehrssicherungspflichten). Durch die Tatbestandsmäßigkeit der Verletzungshandlung wird dann die Rechtswidrigkeit indiziert.
Rz. 946
In die Beweislast des Geschädigten fallen darüber hinaus der Eintritt und die Höhe des Schadens und dessen ursächlicher Zusammenhang mit der Amtspflichtverletzung. Die in diesem Zusammenhang zur haftungsausfüllenden Kausalität gehörenden Elemente unterfallen der Regelung des § 287 ZPO, wonach das abgesenkte Beweismaß einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit genügt.
Rz. 947
Dass das Vermögen des Geschädigten bei einem rechtmäßigen Handeln des Beamten ebenfalls entsprechend gemindert wäre (sog. Einwand rechtmäßigen Alternativverhaltens), hat dagegen der in Anspruch genommene Verwaltungsträger zu beweisen.
Rz. 948
Hinsichtlich des Beweismaßes muss differenziert werden. Der volle Beweis nach § 286 ZPO ist von dem Geschädigten zu den tatbestandlichen Voraussetzungen gefordert. Dazu gehört die schuldhafte Amtspflichtverletzung, das hoheitsrechtliche Handeln des Beamten und das Fehlen einer anderen Ersatzmöglichkeit, das ebenfalls tatbestandliche Voraussetzung ist. Einen Anscheinsbeweis für hoheitliches Handeln gibt es nicht. Der innere Zusammenhang mit einer hoheitlichen Aufgabe lässt jedoch häufig den Schluss auf hoheitliches Verwaltungshandeln, etwa bei einer Dienstfahrt, zu. Der Eintritt des Schadens und seine Verursachung durch die Amtspflichtverletzung sowie die Höhe des Schadens sind vom Geschädigten gemäß § 287 ZPO zu beweisen. Sind die Grundsätze der haftungsrechtlichen Gleichbehandlung anzuwenden, bedarf es der dann notwendigen Feststellung der haftungsbegründenden Kausalität nach § 286 ZPO. Dabei können die Regeln des Anscheinsbeweises für Fragen der Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Rechtsgutverletzung greifen, je nach Fallgestaltung kommt unter diesem Blickwinkel auch eine vollständige Beweislastumkehr zulasten des in Anspruch genommenen Hoheitsträgers in Betracht.