Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
1. Grundlagen
a) Verhältnis zu § 426 BGB
Rz. 1168
§ 17 Abs. 1 StVG enthält für den Fall, dass zwei oder mehr Kfz einem Dritten wegen der Verursachung eines Sach- oder Personenschadens haften, eine Sondervorschrift zur Regelung der internen Haftungsverteilung der gesamtschuldnerisch haftenden Halter der schädigenden Fahrzeuge. Die sich aus § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB grundsätzlich ergebende Haftung nach Kopfteilen wird durch den vorrangigen § 17 Abs. 1 StVG dahingehend modifiziert, dass der Ausgleich zwischen den Schädigern sich stattdessen nach dem Maß ihrer Verursachung für den Schaden bestimmt. § 13 HaftPflG und § 41 LuftVG enthalten vergleichbare Regelungen.
Rz. 1169
Ein Ausgleichsanspruch des Gesamtschuldners, der den Gläubiger ganz oder zum Teil befriedigt hat, besteht, wenn und soweit er mehr als den nach dem Innenverhältnis auf ihn entfallenden Teil gezahlt hat. Ansprüche betreffen stets nur den Teil der zur Erfüllung erbrachten Leistung, der den vom zahlenden Mitschuldner zu tragenden Betrag übersteigt. Zahlt der Ausgleichsgläubiger mehr als insgesamt an den Geschädigten geleistet werden muss – etwa weil er im Vergleichswege mehr übernommen hat –, kommt ein Anspruch im Innenverhältnis wegen des Mehrbetrages nicht infrage.
b) Regelungen des § 17 StVG
Rz. 1170
§ 17 StVG regelt in den Absätzen 1 und 4 mehrere Fälle des Innenausgleichs zwischen Gesamtschuldnern, die nach gesetzlichen Bestimmungen haftpflichtig sind: Erfasst ist zunächst einmal die gesamtschuldnerische Ausgleichspflicht zwischen mehreren Kraftfahrzeughaltern, die einem geschädigten Dritten für einen ersatzpflichtigen Schaden haften (§ 17 Abs. 1 StVG). Ist der Schaden eines Dritten durch ein Kraftfahrzeug und ein Tier oder durch ein Kraftfahrzeug und eine Eisenbahn verursacht worden, so findet gemäß § 17 Abs. 4 StVG die Regelung aus § 17 Abs. 1 StVG auf den Innenausgleich zwischen diesen Gesamtschuldnern entsprechende Anwendung. Gemäß § 18 Abs. 3 StVG wird die Regelung auf den mithaftenden Fahrer ausgeweitet.
Rz. 1171
Die Absätze 2 und 3 des § 17 StVG betreffen nicht den gesamtschuldnerischen Innenausgleich sondern enthalten sonstige Regelungen. Absatz 2 überträgt die Verteilungsregelung des Absatzes 1 auf das Verhältnis zwischen einem geschädigten Fahrzeughalter und einem für diesen Schaden ersatzpflichtigen anderen Fahrzeughalter. Absatz 3 enthält eine Bestimmung über einen Haftungsausschluss, betrifft also die Haftung dem Grunde nach (vgl. dazu näher § 4 Rdn 239 f.). Der Begriff "unabwendbares Ereignis" im Sinne dieser Vorschrift entspricht der Regelung in § 7 Abs. 2 StVG a.F. Einem Fahrzeughalter kommt der Haftungsausschluss des § 17 Abs. 3 StVG nur zugute, wenn sich der Fahrer des von ihm gehaltenen Fahrzeugs wie ein Idealfahrer verhalten hat. Dabei kommt es nicht nur darauf an, ob der Fahrer in der konkreten Gefahrensituation wie ein Idealfahrer reagiert hat, sondern auch darauf, ob ein Idealfahrer überhaupt in eine solche Gefahrenlage geraten wäre. Darlegungs- und beweispflichtig ist derjenige, der sich auf den Haftungsausschluss der Unabwendbarkeit beruft.
c) Normzweck, Verhältnis zu den Haftungstatbeständen
Rz. 1172
§ 17 StVG enthält keine Anspruchsgrundlage für Ersatzansprüche aus einem Unfallgeschehen, sondern setzt einen Anspruch des Unfallgeschädigten, v.a. aus Gefährdungshaftung nach § 7 Abs. 1 StVG, aus vermutetem Verschulden nach § 18 StVG, Delikt nach § 823 BGB oder Amtshaftung nach § 839 BGB voraus.
Rz. 1173
§ 17 StVG ist ein Sondertatbestand gegenüber § 9 StVG und § 254 Abs. 1 BGB. Dabei darf aber nicht übersehen werden, dass die Abwägungskriterien nach Verursachungsanteilen aufgrund gefestigter Rechtsprechung weitestgehend gleich gesehen und beurteilt werden. Die objektiven Ausgleichsfaktoren der Verursachungsanteile stehen grundsätzlich im Vordergrund, bei der Bewertung des Mitverschuldens von Kindern allerdings erweitert um die Betrachtung der subjektiven Faktoren. In der Regel ist ein Mitverschulden von Kindern und Jugendlichen geringer zu bewerten als das entsprechende Mitverschulden eines Erwachsenen. Eine vollständige Haftungsfreistellung des Fahrzeughalters wird bei einem Unfall mit einem Kind umso weniger in Betracht kommen, je jünger das Kind ist und ist nur dann denkbar, wenn auf Seiten des Kindes, gemessen am altersspezifischen Verhalten, ein besonders vorwerfbarer Verstoß vorliegt.
Rz. 1174
Grundsatz ist also, dass der Geschädigte sich eine bei der Schadensentstehung mitwirkende Sach- oder Betriebsgefahr oder einen sonstigen Verursacherbeitrag anspruchsbeschränkend anrechnen lassen muss, wenn dies im Wege der Abwägung...