Rz. 24

Nicht nur die Spurenlage in der Örtlichkeit ist für die Unfallaufnahme von Bedeutung. Letztlich spielen auch die Spuren an den Fahrzeugen bzw. die Schäden für die Auswertung eine wichtige Rolle. Zumeist werden die Schäden, sofern es nicht an der Unfallstelle während der Unfallaufnahme erfolgt, durch Sachverständige im Rahmen von Haftpflicht- oder Kaskogutachten dokumentiert. Hierbei werden zumeist Kalkulationen erstellt, die den Schadensumfang beziffern. Hinzu kommt auch eine Fotodokumentation, die den Schaden nochmal bildlich wiedergibt.

 

Rz. 25

Diese Fotos können für die Rekonstruktion des Unfalls herangezogen werden. In den meisten Fällen werden diese Fotos jedoch gefertigt, damit der Geschädigte seine Ansprüche bei der Versicherung geltend machen kann. Aus diesem Grund werden diese Fotos nicht aus Sicht eines Unfallanalytikers gefertigt. Für die Unfallrekonstruktion ist es jedoch wichtig, die Lage der Schäden näher eingrenzen zu können. Hierbei spielt die Bodenaufstandshöhe der Schäden eine größere Rolle. Über diese ist es möglich bestimmen zu können, ob ein Fahrzeug zum Zeitpunkt des Anpralls ein- und ausfederte, was dann den Rückschluss auf eine Bremsung zum Zeitpunkt des Anpralls zulässt. Aus diesem Grund ist immer anzuraten, Fotos mit Fotomaßstab zu fertigen, damit im Falle eines benötigten unfallanalytischen Gutachtens die Höhenlage der Schäden an den Fahrzeugen direkt nachvollzogen werden kann. Gleiches gilt auch für die Schadensdokumentation direkt am Unfallort.

Im Falle einer Streifkontaktierung z.B. (im Rahmen der Fahrerflucht) ist über die Höhenzuordnung feststellbar, ob die behaupteten Schäden auch aus dem vermeintlichen Unfallereignis herrühren. Bei dieser Konstellation stellt sich nämlich oft die Frage, ob überhaupt eine Schadenserzeugung durch den Beschuldigten eintrat.

 

Rz. 26

Bei der Erstellung von Maßstabsfotos ist darauf zu achten, dass das Fahrzeug auf einer ebenen Fläche steht. So ist es z.B. ungeeignet, ein am Straßenrand auf dem Bordstein abgestelltes Fahrzeug mit einem Maßstab zu fotografieren, da durch die Schrägstellung des Fahrzeuges Ablesefehler entstehen. Auch sollte es vermieden werden, dass sich der Maßstab auf einer anderen Ebene befindet, als der zu fotografierende Pkw (Abb. 2.24). Die Radaufstandspunkte des Fahrzeuges müssen sich immer auf gleicher Ebene mit dem Nullpunkt des Maßstabes befinden (Abb. 2.25).

 
 

Rz. 27

Hierbei kann bei der Dokumentation von Spuren an Fahrzeugen auch der Spurverlauf an sich Hinweis auf den Unfallablauf geben. Dabei ist es wichtig zu dokumentieren, ob sich die Spurverläufe am Pkw abfallend oder aufsteigend abzeichnen oder ob Abtragungen oder aber Verschiebungen des Lacks eingetreten sind. Hierzu ist es anzuraten, keine perspektivischen Fotos zu fertigen (Abb. 2.27), sondern die Kamera parallel zum Boden auszurichten (Abb. 2.26). Hierbei sollte sich die Kamera auch immer ungefähr auf der Höhe befinden, auf der die Schäden am Fahrzeug liegen. Bei dieser Ausrichtung ist dann z.B. ein Spurverlauf, der abfallend oder aufsteigend gezeichnet wurde, feststellbar. Dies ist für die Bestimmung der Anstoßrichtung und des Unfallablaufes von großer Bedeutung.

 

I. Fallbeispiel 1

 

Rz. 28

Zunächst soll ein Beispiel angeführt werden, bei dem es auf einer Autobahn zu einem schweren Auffahrunfall zwischen einem VW-Transporter (Abb. 2.28) und einem Opel Agila (Abb. 2.29) gekommen ist.

 

Es galt zu klären, auf welcher Fahrspur sich der Unfall zutrug bzw. wie die Fahrzeuge gegeneinander geraten sind. Um die Kollisionsstellung beider Fahrzeuge bestimmen zu können, wurden zunächst die Spuren an den beiden Fahrzeugen dokumentiert.

Am gestoßenen Opel konnten charakteristische Abzeichnungen des VW-Transporters gefunden werden (Abb. 2.30 und 2.31). So zeichnete sich das VW-Emblem der Front des Transporters an der Heckklappe des Opels ab, was eine eindeutige Zuordnung möglich machte.

 

Der Abdruck des VW-Emblems am Opel Agila ließ weiter den Schluss zu, dass der Anstoß durch den VW-Transporter zudem ungebremst erfolgte. Es ergaben sich hinsichtlich der Höhenlage des Abdruckes keine Abweichungen, die auf eine starke Bremsung hindeuteten. Wäre es zu einer starken Verzögerung eines der beiden Fahrzeuge gekommen, dann wäre eine Lageveränderung der Kontaktzonen eingetreten. Bei statischem Vergleich wäre ein Versatz zwischen der Lage des Emblem-Abdrucks und der Einbaulage am Transporter erkennbar. Da eine solche Verschiebung aber nicht auszumachen war, ließ sich zeigen, dass der Transporter ungebremst auf den Agila aufgefahren war.

II. Fallbeispiel 2

 

Rz. 29

Nicht immer sind es die massiven, offensichtlichen Spuren, wie im o.g. Beispiel, die näheren Aufschluss auf den möglichen Unfallablauf geben. Das nächste Praxisbeispiel zeigt sog. Radkontaktspuren, die bei einem seitlichen Streifkontakt eintraten.

Hier fand ein Spurwechsel eines VW Golf statt, wobei im Zuge dessen ein weiterer VW Golf getroffen wurde. Es sollte nun geprüft werden, welcher Golf den Spurwechsel vollzog, da gegenteilige Aussagen der Unfallbeteiligten Vo...

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