Rz. 9

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass auch F dem volljährigen Kind barunterhaltspflichtig ist.

Wenn M und F, die zusammenleben und zusammen wirtschaften, freiwillig den Gesamtbedarf des vjK von 641 EUR befriedigen, so stellt sich die Frage, in welchem Umfang M und F jeweils anteilig barunterhaltspflichtig sind, nicht. Die Haftungsverteilung ist jedoch – unabhängig von dem Fall, dass die Eltern getrenntlebend oder geschieden sind – dann von Bedeutung, wenn vjK seine Eltern gerichtlich in Anspruch nehmen will. Das Kind kann nämlich von jedem Elternteil nur dessen Haftungsanteil beanspruchen (vgl. hierzu Nr. 13.3 der im Einzelfall anwendbaren Leitlinien).

 

BGH, Beschl. v. 7.12.2016 – XII ZB 422/15 Rn 33

Verlangt das volljährige Kind erstmalig Ausbildungsunterhalt von einem seiner beiden Elternteile, hat es nach allgemeiner Ansicht grundsätzlich auch die Haftungsanteile gemäß § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB – und damit das beiderseitige Elterneinkommen – darzulegen und zu beweisen (vgl. Wendl/Klinkhammer, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 9. Aufl., § 2 Rn 578; Menne in Büte/Poppen/Menne, Unterhaltsrecht, 3. Aufl., § 1606 BGB Rn 9 m.w.N.; vgl. auch Senatsbeschluss vom 10.7.2013 – XII ZB 298/12, FamRZ 2013, 1563 Rn 16).

 

SüdL

13.3 Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606 III 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gem. Nr. 10 zu ermitteln. Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbehalts (1.400 EUR) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 III 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) abzüglich 1.400 EUR mal (Rest)Bedarf (R), geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern (N1 + N2) abzüglich 2.800 (= 1.400 + 1.400) EUR. Haftungsanteil 1 = (N1 – 1.400) × R : (N1 + N2 – 2.800).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z.B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 II 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (960 EUR/1.160 EUR) herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

 

Rz. 10

Anders ausgedrückt: Die Haftungsanteile von M und F verhalten sich zueinander wie die (bereinigten) Einkommen von M und F nach jeweiligem Abzug des angemessenen Selbstbehalts (1.400 EUR).

 

BGH, Urt. v. 12.1.2011 – XII ZR 83/09

Nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB haften mehrere gleich nahe Verwandte anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen, (…).

Die Haftungsanteile werden von der Unterhaltspraxis in Durchschnittsfällen als Quote anhand des verteilungsfähigen Einkommens berechnet, welches dem – oberhalb des dem Unterhaltspflichtigen zu belassenden Selbstbehalts (Sockelbetrag) – verfügbaren Einkommen entspricht.

 

BGH, Beschl. v. 31.1.2018 – XII ZB 133/17

… sind die auf die Eltern entfallenden Unterhaltsanteile zu berechnen, indem das Einkommen grundsätzlich nicht um den notwendigen, sondern um den angemessenen Selbstbehalt bereinigt wird und die den Eltern danach verbleibenden verfügbaren Einkommen ins Verhältnis gesetzt werden (Senatsbeschluss vom 11.1.2017 – XII ZB 565/15, FamRZ 2017, 437 Rn 41 m.w.N.; …

 

Rz. 11

Der Selbstbehalt gegenüber dem volljährigen Kind mit eigenem Hausstand beträgt 1.400 EUR (vgl. hierzu Nr. 21.3.1 der im Einzelfall anwendbaren Leitlinien).

 

SüdL

21. Selbstbehalt

(…)

21.3.1 Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern 1.400 EUR. Hierin sind Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 550 EUR enthalten.

 

Rz. 12

M und F haben gegenüber vjK jeweils einen Selbstbehalt von 1.400 EUR.

Der Haftungsanteil des M errechnet sich also wie folgt:

(2.200 – 1.400 EUR) × 641 : (2.200 + 1.600 – 2.800 EUR) = 800 × 641 : 1.000 = 525 EUR.

Der Haftungsanteil von M beträgt also 513 EUR.

Der Haftungsanteil von F beträgt damit 128 EUR (641 – 513 EUR).

 

Gegenprobe durch Berechnung anhand des Einkommens von F

(1.600 – 1.400 EUR) × 641 EUR : (2.200 + 1.600 – 2.800 EUR) = 200 × 641 : 1.000 EUR = 128 EUR

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