Rz. 309
Am Beispiel des BGH-Urteils "Internet-Radiorecorder" wird deutlich, dass sich um die gesetzlichen Schrankenregelungen, namentlich § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG, Geschäftsmodelle etabliert haben, die in jüngerer Zeit kritisiert werden. Diese Kritik ist kaum nachvollziehbar, da diese schon seit Jahren von den Gerichten anerkannt sind.
Der Musikdienst "ZeeZee" (ein Unternehmen der "Tonträgerindustrie") bietet eine Musikplattform an, bei der Nutzer sich zunächst registrieren und einen Account anlegen. Sodann können Letztere einzelne oder mehrere Musiktitel auswählen und in eine Wunschliste aufnehmen, deren Titel zum Download bereitgestellt werden. Dagegen setzte sich die Gruppe "Santiano" exemplarisch am Stück "Mit den Gezeiten" zur Wehr. Der BGH hat zwar einen Eingriff in das Vervielfältigungsrecht der Gruppe "Santiano" bejaht (Rn 19 [Verweis auf Stellen im Urteil]), aber ebenso die Schranke des § 53 Abs. 1 UrhG (Privatkopie), die hier dazu führe, dass die von "Santiano" geltend gemachten Ansprüche nicht zum Tragen kommen. Allein der Kunde sei als Hersteller (§ 16 Abs. 2 UrhG) der Aufzeichnung anzusehen, wenn – wie hier – diese unter Nutzung der vollständig automatisierten Vorrichtung des Anbieters des Musikdienstes (Internet-Recorder) angefertigt werde. Die Aufzeichnung könne dem Anbieter selbst dann nicht zugerechnet werden, wenn dieser sich nicht darauf beschränkt, seinen Kunden lediglich einen Speicherplatz für die Aufzeichnung zur Verfügung zu stellen, sondern ein Gesamtpaket von Leistungen anbiete (Rn 26).
Dieser Fall ist noch nicht endgültig entschieden, da die Sache an das Berufungsgericht zurückverwiesen wurde. Zwar komme eine Täterschaft des Tonträgerunternehmens nicht in Betracht, da die Nutzer die Hersteller seien, aber gleichwohl Beihilfe.
Der BGH weist darauf hin, dass sich ZeeZee mit "ihrem Geschäftsmodell" (Rn 48) erkennbar jedenfalls in einen Grenzbereich des rechtlich Zulässigen bewegt hätte, in dem sie eine von der eigenen Einschätzung abweichende Beurteilung der rechtlichen Zulässigkeit in Betracht hätte ziehen müssen. Die Zulässigkeit des zuvor beschriebenen Geschäftsmodells hängt also davon ab, ob ZeeZee eine beihilfefähige rechtswidrige Haupttat begangen hat, die darin begründet sein könne, dass die mit Tatherrschaft die Vervielfältigung vornehmenden Nutzer des Musikdienstes von ZeeZee eine rechtswidrige Urheberrechtsverletzung gem. § 97 Abs. 1 und 2 UrhG begangen haben. Das kommt aber nur infrage, wenn das Berufungsgericht die Privatkopien der Nutzer als "offensichtlich" rechtswidrig ansieht (§ 53 Abs. 1 UrhG).
Rz. 310
Die nachfolgenden Darstellungen geben lediglich einen Überblick, da nähere Einzelheiten bei den Ausführungen zu den Nutzungsrechtsinhabern in § 3 des Buches erfolgen.