Rz. 480

Die Vollstreckung aus einem Unterlassungstitel kann nur dann zum Erfolg führen, wenn gegen das im Urteil oder in der einstweiligen Verfügung titulierte Verbot (Unterlassungsgebot) zumindest dem Kern nach verstoßen wird. Nur dann kann durch den Gläubiger erfolgreich ein Ordnungsgeld gegen den Schuldner festgesetzt werden.

 

Rz. 481

 

Beispiel

Der BGH (marions-kochbuch.de II)[700] hat sich zum wiederholten Male mit der Reichweite eines Unterlassungsgebots beschäftigen müssen.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der Gläubiger erstellt Fotografien von Speisen, die zusammen mit den entsprechenden Rezepten unter der von ihm und seiner Ehefrau betriebenen Internetadresse www.m.de kostenlos abgerufen werden können. Die Schuldnerin bietet unter der Internetadresse www.c.de ebenfalls kostenfrei eine abrufbare Rezeptsammlung an. Diese Rezepte stammen zu einem erheblichen Teil von Privatpersonen, die nach Eingabe von Namen, Anschrift und E-Mail-Adresse selbstständig Rezepttexte und Bilder auf die Internetseite www.c.de hochladen können.

In der Vergangenheit stellten Dritte vom Gläubiger angefertigte Fotografien ohne dessen Wissen und Zustimmung auf der Internetseite der Schuldnerin ein. Auf die daraufhin vom Gläubiger wegen Verletzung seines Rechts an Fotografien erhobene Klage hat das LG die Schuldnerin unter Androhung von Ordnungsmitteln verurteilt, es zu unterlassen, die vom Gläubiger erstellten und unter "www.marions-kochbuch.de" abrufbaren Fotografien und/oder Teile davon ohne Erlaubnis öffentlich zugänglich zu machen, insbesondere auf der unter "www.c.de" abrufbaren Seite zur Schau zu stellen und/oder durch das Aufspielen oder Aufspielenlassen der Inhalte auf andere Server oder Speichermedien Dritter zu vervielfältigen und/oder vervielfältigen zu lassen.

Dieses Urteil ist nach erfolgloser Berufung der Schuldnerin und Zurückweisung ihrer Revision[701] rechtskräftig geworden.

Der Gläubiger hat die Festsetzung eines Ordnungsgelds mit der Begründung beantragt, die Schuldnerin habe dem Unterlassungsgebot zuwidergehandelt, weil auf ihrer Internetseite die Fotos "Malaga-Eis" und "Körner-Buttermilch-Brot" eingestellt worden seien, die vom Gläubiger stammten und unter der von ihm und seiner Ehefrau betriebenen Internetadresse "www.m.de" abrufbar seien.

Das LG hat den Ordnungsmittelantrag zurückgewiesen, weil der BGH den Unterlassungsantrag des Gläubigers in der Revisionsentscheidung dahin ausgelegt habe, dass er sich allein auf die drei Lichtbilder "Schinkenkrustenbraten", "Amerikaner" und "Sigara Börek mit Hack" gemäß der dort vorgelegten Anlage beziehe. Die dagegen vom Gläubiger eingelegte Beschwerde ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Gläubiger seinen Ordnungsmittelantrag weiter. Der BGH hat die Rechtsbeschwerde als unbegründet zurückgewiesen.

Der Senat führt dazu u.a. aus, dass zwar das in einem Unterlassungstitel ausgesprochene Verbot über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus auch im Kern gleichartigen Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt, hinausgeht. In diesem Fall haben die neben der in Bezug genommenen konkreten Verletzungshandlung abstrakt formulierten Merkmale die Funktion, den Kreis der Varianten näher zu bestimmen, die von dem Verbot als kerngleiche Verletzungsformen erfasst sein sollen. Dementsprechend kann die Verletzung eines bestimmten Schutzrechts die Vermutung der Wiederholungsgefahr nicht nur für Verletzungen desselben Schutzrechts, sondern auch für Verletzungen anderer Schutzrechte begründen, soweit die Verletzungshandlungen trotz Verschiedenheit der Schutzrechte im Kern gleichartig sind. Voraussetzung dafür ist jedoch, dass die kerngleichen Verletzungshandlungen in das Erkenntnisverfahren und die Verurteilung einbezogen sind.

Im Verfahren www.marionskochbuch.de II war das titulierte Unterlassungsgebot auf die drei Lichtbilder "Schinkenkrustenbraten", "Amerikaner" und "Sigara Börek mit Hack" beschränkt. Der Senat hat im Zusammenhang mit der Frage der Bestimmtheit des Unterlassungsantrags ausgeführt, dass sich das Unterlassungsbegehren auf die drei genannten Lichtbilder als konkrete Verletzungsform bezieht.[702] Daraus folgt eine entsprechende Beschränkung des antragsgemäß ausgesprochenen Unterlassungsgebots.

 

Rz. 482

Anders hat der BGH im Fall Restwertbörse II[703] entschieden, weil sich der Kläger dort gegen die Verwertung von Lichtbildern eines Gutachtens gewandt hatte, das er insgesamt zum Gegenstand der Klage gemacht hatte, und eine unberechtigte Verwertung für fünf von 34 Lichtbildern erwiesen war.

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