Rz. 322
Inhaltliche Schranken folgen zunächst aus dem Zitatrecht (§ 51 UrhG), wonach unter bestimmten Voraussetzungen Vervielfältigung, Verbreitung und öffentliche Wiedergabe zulässig sein können.
Da die Zitierfreiheit die geistige Auseinandersetzung mit fremden Werken erleichtern soll, muss das zu zitierende Werk zunächst veröffentlicht (§ 6 Abs. 1 UrhG) worden sein. Zudem wird ein besonderer Zweck verlangt, namentlich eine Kritik oder Rezension (so Art. 5 Abs. 3 lit. d Harmonisierungsrichtlinie, Art. 10 RBÜ).
Das Gesetz unterscheidet zunächst zwischen Großzitat (Nr. 1) und Kleinzitat (Nr. 2) und Musikzitat (Nr. 3). Großzitate betreffen die Wiedergabe eines vollständig fremden Werkes und sind in wissenschaftlichen Werken nur dann zulässig, wenn die Werke bereits veröffentlicht sind (§ 6 Abs. 1 UrhG). Zudem müssen sie der Erläuterung des Inhalts des zitierenden Werkes dienen. Kleinzitate beziehen sich dagegen auf sonstige Sprachwerke (dazu zählen auch Filmwerke), wobei im Gegensatz zum Großzitat nur einzelne Stellen des Werkes zitiert werden dürfen. Aus § 63 UrhG ergibt sich, dass hinsichtlich sämtlicher Zitate die Quelle anzugeben ist.
Besonderheiten gelten hinsichtlich des Musikzitats (§ 51 Nr. 3 UrhG). Einzelne Stellen eines erschienenen Werkes (§ 6 Abs. 2 UrhG) der Musik dürfen in einem selbstständigen Werk der Musik angeführt werden. Zitiert werden dürfen nicht nur Motive, sondern auch Melodien, sofern die Entlehnung eine Belegfunktion übernimmt. Für Bearbeitungen ist § 23 Abs. 1 UrhG ("starrer Melodienschutz") zu beachten, da ein Musikwerk, sofern es sich auf eine Melodie und nicht nur ein Motiv erstreckt, nicht für ein fremdes Werk gebraucht werden darf.
Nicht gesetzlich geregelt ist das Bildzitat, das in der Rechtsprechung schon seit längerem anerkannt ist. Zum Umfang dieses Zitatrechts bringt Art. 10 RBÜ zum Ausdruck, dass Zitate "anständigen Gepflogenheiten entsprechen und in ihrem Umfang durch den Zweck gerechtfertigt" sein müssen.
Rz. 323
Hinweis
Der Zweite Korb hat die bisherige Regelung des § 51 UrhG um einen allgemeinen Einleitungsteil erweitert, weil die bisherige Formulierung in Literatur und Rechtsprechung als zu eng und kasuistisch angesehen wurde. Dies galt insbesondere für die Nr. 2, die nur auf Sprachwerke Bezug nahm, weshalb der BGH im Wege der Analogie die Regelung auf Filmzitate ausgeweitet hat. Nunmehr wird die Zitierfreiheit als Generalklausel formuliert und die nachfolgenden Nummern beispielhaft aufgeführt ("insbesondere"), womit dann auch das Filmzitat und Zitate von Multimediawerken zulässig sein sollen. Im Kontext der Übernahme fremder Bilder spielt die Schrankenregelung des § 51 UrhG eine erhebliche Rolle. Die mit dem "Zweiten Korb" geänderte Fassung dieser Norm enthält nun eine Generalklausel, die das früher bestehende Erfordernis der Übernahme in ein neu zu schaffendes Werk nicht mehr verlangt. Abgedeckt von dieser Generalklausel ist damit das Bildzitat (früher als großes Kleinzitat oder kleines Großzitat unter Nr. 2) ebenso wie relativ umfassende Filmzitate. Ob sich auch Suchmaschinen wie Google bei Ausgabe von Thumbnails auf das Zitatrecht gem. § 51 UrhG berufen können, ist umstritten und wird überwiegend verneint. Bei Verlinkungsfällen etwa zu einem geschützten Text kommt es auf die innere gedankliche Verbindung und nicht auf die technische Einbindung an.
Durch Gesetz zur Angleichung des Urheberrechts an die Erfordernisse der Wissensgesellschaft wurde eine erweiterte Zitierbefugnis in § 51 S. 3 UrhG in der Weise eingeführt, dass die Nutzung einer Abbildung des zitierten Werkes zulässig ist, auch wenn diese selbst durch ein Urheberrecht oder verwandtes Schutzrecht geschützt ist (§ 68 UrhG regelt seit dem 7.6.2021, dass die Vervielfältigung gemeinfreier visueller Werke nicht mehr durch verwandte Schutzrechte geschützt ist). Denn bisher musste das Recht an einem Foto des abgebildeten Werkes gesondert erworben werden, weil sich das Zitat nur auf den abgebildeten Gegenstand, nicht hingegen auf das Foto selbst bezog.
Rz. 324
Für das Zitatrechte galt früher, dass das zitierende Werk selbst eine persönliche geistige Schöpfung war oder dass aufgrund des Zitats ein selbstständiges Werk entsteht. Allerdings hat die zitierende Stelle unabhängig von der zitierten Stelle zu existieren, da es sich ansonsten um eine abhängige Bearbeitung handeln würde (Selbstständigkeit); nach der Rechtsprechung des EuGH muss das Zitat nicht mehr in ein neues urheberrechtliches Werk eingefügt werden. Das zitierende Werk muss also selbst nicht (mehr) urheberrechtlich schutzfähig sein. Weiter dient es als Beleg (Belegfunktion), das vom Umfang her den Urheber nicht an der Verwertung seines Werkes behindern darf. Schließlich sind das Änderungsverbot (§ 62 UrhG) und – soweit möglich – das Gebot der Quellenangabe (§ 63 UrhG) zu beachten.
Rz. 325
Mit § 51a S. 1 UrhG hat das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an ...