I. Urheberschaft
1. Schöpferprinzip
Rz. 132
Um das in § 7 UrhG zum Ausdruck kommende Schöpferprinzip nachvollziehen zu können, sollte man sich die unterschiedlichen Ausgangspunkte zwischen kontinental-europäischem und US-amerikanischem Urheberrecht vor Augen führen. Das US-amerikanische Urheberrecht (Copyright) unterscheidet sich insofern von dem kontinental-europäischen, als bei ersterem das Werk und seine Verwertungsrechte eindeutig im Vordergrund stehen (Droit d'Auteur), wohingegen Letztere den Urheber in engere Beziehung zu dem Persönlichkeitsrecht des Werkschöpfers stellen. Aber auch nach § 201 (a) US-amerikanischem Copyright Act (CA) 1976 steht das originäre Urheberrecht dem Schöpfer des Werkes zu, es entsteht mit der Fixierung des Werkes in einem körperlichen Medium.
Rz. 133
Allerdings muss der tatsächliche Schöpfer dabei nicht notwendigerweise auch der Urheber im Rechtssinne sein, was besonders für Auftragswerke oder Werkschöpfungen in Arbeitsverhältnissen Bedeutung erlangt. Nach der "work made for hire"-Doktrin des § 201 (b) CA gilt, dass der Arbeit- bzw. Auftraggeber unmittelbar die gesetzliche Stellung des Autors einnimmt und damit originärer Inhaber des Urheberrechts wird. Es ist also kein Übertragungsakt erforderlich, weshalb der Rechtsinhaber völlig frei in seinen Verfügungs- und Verwertungsentscheidungen ist. Urheberrechte werden in den USA eingeräumt, um denjenigen zu belohnen und anzuspornen, der in das Werk investiert hat, allerdings mit der Zielsetzung, den allgemeinen Wohlstand zu mehren.
Rz. 134
Gerade auch ein Blick zum chinesischen Urheberrecht ist aufschlussreich. Der Begriff des Copyrights entspricht der chinesischen Bezeichnung banquan ( – Recht an der Druckplatte), was begrifflich nicht mit dem ursprünglich aus Japan stammenden Begriff zhuzuoquan ( – Verfasserrecht, Werkrecht) zu verwechseln ist. In der akademischen Diskussion über die systemische Zuordnung des Urheberrechts werden zwar immer wieder diese unterschiedlichen Begriffe angeführt, das Gesetz stellt sie jedoch in Art. 56 chUrhG gleich.
Rz. 135
Dietz begründet die Zugehörigkeit zum kontinentaleuropäischen System mit der Feststellung, dass das chinesische Urheberrecht strukturell dem von ihm entwickelten "Fünf-Säulen-Modell" folgt. Demnach verfüge die VR China, ebenso wie das deutsche Urheberrechtsgesetz, über eine grobe Gliederung in fünf "Teilkomplexe": materielles Urheberrecht, verwandte Schutzrechte, Urhebervertragsrecht, Recht der Verwertungsgesellschaften sowie die Rechtsdurchsetzung. Er kommt zu dem Schluss, dass das Urheberpersönlichkeitsrecht, das Recht der Verwertungsgesellschaften und in groben Zügen auch das Urhebervertragsrecht dem kontinentaleuropäischen System folgen. Demgegenüber bestehe allerdings die Möglichkeit der originären Zuordnung des Urheberrechts zugunsten des Risikoträgers. Ob dies nun als eine Eigenheit des sozialistisch geprägten Urheberrechts oder als angloamerikanische Prägung zu deuten ist, bleibe fraglich. Das kontinentaleuropäische System gewähre solchen Urhebern, die eine geistige Schöpfung vollbringen, die von ihrer Person abhängt, ein Urheberrecht. Die Abgrenzung zu den verwandten Schutzrechten erfolge nicht mit der gleichen Stringenz, wie nach dem europäischen Rechtsdenken, was eher für das Copyright-System spreche.
Rz. 136
In China gehört das Urheberrecht dem Urheber (Art. 11 Abs. 1 chUrhG). Jedoch behält sich der Gesetzgeber hier das Recht vor, auch etwas anderes zu bestimmen, wodurch das Schöpferprinzip in China in beschränktem Maße besteht. Der originäre Urheber kann sowohl eine natürliche Person nach Art. 11 Abs. 2 chUrhG als auch eine juristische Person oder Organisation (im folgenden "Einheit") sein (Abs. 3). Das chinesische Recht unterscheidet sich in diesem Punkt erheblich von dem deutschen, da der Urheber in China nicht unbedingt gleich der Schöpfer sein muss. Somit steht dem Schöpfer nicht immer auch das Urheberrecht zu wie bei dienstlichen Werken und Auftragswerken. Gleichwohl kann daraus nicht gefolgert werden, dass das Urheberrecht grundsätzlich insgesamt übertragen werden kann. Art. 10 Abs. 2 und 3 chUrhG sehen die Erteilung von Nutzungserlaubnissen bzw. Rechtsübertragungen nur für die in Art. 10 Abs. 1 Nr. 5 bis 17 chUrhG aufgeführten Vermögensrechte vor. Nicht übertragbar sind dagegen die in Art. 10 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 genannten Persönlichkeitsrechte.
Rz. 137
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass das chinesische Urheberrechtssystem gerade im Hinblick auf die verschiedenen internationalen Einflüsse der letzten Jahre eine Mischung aus amerikanischem Copyright und europäischem Droit d'Auteur darstellt.
Rz. 138
Ist vom Schöpferprinzip die Rede, so geht es also primär um die Stellung des Arbeitnehmers oder Auftragnehmers im Verhältnis zum Arbeitgeber oder Auftraggeber. Rechtliche Grundlage dafür ist zunächst die fehlende Möglichkeit der Übertragung des Urheberrechts unter Lebenden gem. § 29 S. 2 UrhG, der in diesem Kontext aussag...