Rz. 347
Nach altem Recht, also bis zum 31.12.2007, regelten die §§ 54b bis 54 h UrhG a.F. Ausnahmetatbestände, Hinweis-, Melde- und Auskunftspflichten und den Durchsetzungsanspruch der Verwertungsgesellschaften. Dieses flächendeckende Pauschalvergütungssystem wurde zwar immer wieder kritisiert, insbesondere im Hinblick auf die theoretisch zielgenaue Erfassung digitaler Nutzungen, aber selbst der Bundesrat hat in seiner Stellungnahme zum Urheberrechtsgesetz, das aufgrund der Harmonisierungsrichtlinie 2001/29/EG vom 22.5.2001 erlassen wurde, eingeräumt, dass ein zielgenaues "Digital Rights Management" (DRMS) nach dem damaligen Entwicklungsstand noch keine ausreichende Sicherheit gegen Umgehungen darstellt. Die Bundesregierung war der Auffassung, dass sie mit dem Gesetz zur Umsetzung der Harmonisierungsrichtlinie in ausreichendem Umfang Anreize zur Entwicklung von DRMS, eben durch den grundsätzlichen Schutz solcher Systeme, geschaffen habe.
Rz. 348
Der Zweite Korb hat die Vergütungspflicht vom System der gesetzlichen Vergütungshöhe hin zu einem System der regulierten Selbstregulierung überführt (neue Regelungen der §§ 54 bis 54h UrhG). Die Bestimmung der Vergütungshöhe ist nunmehr zwischen den Urhebern und Herstellern von Vervielfältigungsgeräten und sonstigen Speichermedien auszuhandeln. Da die pauschale Vergütung nur durch die Verwertungsgesellschaften geltend gemacht werden kann (§ 54h Abs. 1 UrhG), sind diese auf Seiten der Urheber die einzigen Verhandlungspartner. Die Geräteindustrie wird dagegen durch den Berufsverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) vertreten.
Rz. 349
Der Maßstab der Vergütungshöhe wird in § 54a Abs. 1 UrhG festgelegt. Das wichtigste Kriterium zur Bemessung der Vergütungshöhe ist die tatsächliche Nutzung der Geräte und Speichermedien für Vervielfältigungen nach § 53 Abs. 1 bis 3 UrhG. Die tatsächliche Nutzung ist durch empirische Untersuchungen (Umfrage- und Verkehrsgutachten) zu ermitteln, wobei dann nur urheberrechtsrelevante Inhalte und nicht alle fremden Inhalte berücksichtigt werden dürfen. Der Einsatz von technischen Schutzmaßnahmen (nach § 95a UrhG), der der Umsetzung des Digital Rights Managements dient, ist bei der Bemessung der Vergütung in Abzug zu bringen. Damit soll dem Problem der Doppelvergütung dadurch begegnet werden, dass durch die pauschale Vergütung grundsätzlich alle Vervielfältigungsvorgänge erfasst werden, selbst wenn Werke des Urhebers (teilweise) etwa durch eine wirksame Verschlüsselung nicht genutzt werden können. Würde dann aber die Nutzung der verschlüsselten Datei gesondert abgerechnet, wäre möglicherweise ein Nutzungsvorgang bei der Vergütung doppelt erfasst. Bisher war diese Vorgabe in § 13 Abs. 4 UrhWahrnG geregelt. Je nach dem Verbreitungsgrad technischer Schutzmaßnahmen ändert sich die Möglichkeit, urheberrechtlich geschützte Werke mit einem bestimmten Gerät zu kopieren. Bei Zunahme des DRMS können grundsätzlich geeignete Geräte und Speichermedien, wie CD- und DVD-Brenner, MP3-Player und PCs, seltener für geschützte Werke eingesetzt werden, was zu einer Reduzierung der pauschalen Vergütung führen muss.
Rz. 350
Nach § 54a Abs. 2 UrhG werden die Verwertungsgesellschaften verpflichtet, bei der Bemessung der Tarife für einzelne Geräte auch die Vergütungspflicht für damit funktionell zusammenwirkenden Geräte oder Speichermedien zu berücksichtigen. Nach Maßgabe der BGH-Entscheidung zur Vergütungspflicht von Scannern, darf keine unangemessen hohe Gesamtvergütung geltend gemacht werden, wie sie sich aus der Gerätekombination von PC mit den damit verbundenen Peripheriegeräten wie Scanner, Drucker und CD-/DVD-Brenner ergibt.
Rz. 351
§ 54a Abs. 3 UrhG verlangt von den Verwertungsgesellschaften eine differenzierte Tarifgestaltung in der Weise, dass die nutzungsrelevanten Eigenschaften der Geräte und Speichermedien, insbesondere die Leistungsfähigkeit von Geräten sowie die Speicherkapazität und Mehrfachbeschreibbarkeit von Speichermedien, berücksichtigt werden (quantitative und qualitative Kriterien).
Rz. 352
§ 54a Abs. 4 S. 1 UrhG verlangt die Verhinderung einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Gerätehersteller sowie die Beachtung eines angemessenen Verhältnisses zum Preisniveau des Gerätes. Die ursprünglich vorgesehene strikte Obergrenze in Höhe von 5 % des durchschnittlichen Gerätepreises ist ersatzlos gestrichen worden (ursprünglich in den Sätzen 3 und 4 vorgesehen). Nach der Begründung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages werde den Interessen der Gerätehersteller durch den verbleibenden Satz 1 hinreichend Rechnung getragen, der die erforderliche Flexibilität bei der Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, einschließlich der Markt- und Wettbewerbssituation, sicherstelle. Einer absoluten, prozentualen Obergrenze bedürfe es darüber hinaus nicht.
Rz. 353
Die übrigen Bestimmungen über die Vergütungspflicht entsprechen im Wesentlichen den bisherigen Regelungen. In § 54b UrhG...