I. Dreistufentest, faktische Schranke und Geschäftsmodelle
Rz. 303
Nach Feststellung der Schutzbereiche des Urheber- und Leistungsschutzrechts ergeben sich zugunsten der Allgemeinheit (Rezipienten) und der Werkvermittler (Kultur- und Medienwirtschaft) zahlreiche Schranken (§§ 44a–63a, §§ 64–69 und § 83 UrhG). Dabei darf nicht übersehen werden, dass die Repräsentanten der Kultur- und Medienwirtschaft nicht selten selbst Träger urheberrechtlicher Schutzrechte oder aber von Leistungsschutzrechten sind, wie etwa die Veranstalter (§ 81 UrhG), die Hersteller von Tonträgern (§§ 85, 86 UrhG) und die Sendeunternehmen (§ 87 UrhG).
Rz. 304
Da das Urheberrecht – jedenfalls in wichtigen Teilbereichen – als kommunikatives Außenrecht angelegt ist, trifft die Bezeichnung im Sechsten Abschnitt des Ersten Teils mit "Schranken des Urheberrechts" nicht den Kern der Bestimmungen. Nicht das Urheberrecht im Sinne der inhaltlichen Ausgestaltung wird limitiert, sondern die aus der Werk-Urheber-Beziehung zugewiesenen Befugnisse des Urhebers erfahren solche Einschränkungen.
Rz. 305
Im internationalen Kontext, insbesondere im Hinblick auf Art. 9 Abs. 2 der Revidierten Berner Übereinkunft (RBÜ), der "in gewissen Sonderfällen" die Vervielfältigung unter der Voraussetzung gestattet, dass eine solche Vervielfältigung weder die normale Auswertung beeinträchtigt noch die berechtigten Interessen des Urhebers unzumutbar verletzt, spricht man vom Dreistufentest.
Rz. 306
Art. 5 Abs. 5 der Harmonisierungsrichtlinie nimmt ebenfalls hierauf Bezug und besagt, dass Schrankenregelungen
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auf Einzelfälle beschränkt sein müssen, |
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zugleich die Interessen der Urheber ausführlich berücksichtigen müssen und |
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soweit Ausnahmen zugelassen werden, diese nicht unangemessen die normale Verwertbarkeit des Werkes durch den Urheber beeinträchtigen dürfen. |
1. Faktische Erweiterung durch "schlichte Einwilligung"
Rz. 307
Eine faktische Erweiterung der Schrankenregelungen erfolgt durch die Rechtsprechung des BGH zu den Vorschaubildern, indem dieser von einer "schlichten Einwilligung" ausgeht. Jemand, der seine Dateien ohne besondere Schutzvorkehrungen ins Internet stellt, erklärt sich danach mit deren Nutzung einverstanden, so dass keine rechtwidrige Nutzung mehr vorliegt. Sicherlich ist die dogmatische Einordnung dieser These schwierig, gleichwohl ist die Praxis auf die tatsächliche Auswirkung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angewiesen, die allerdings auf den Onlinebereich begrenzt ist (zu den Auswirkungen hins. des neuen Presserechts für Online-Presseverleger siehe oben Rdn 295).
Rz. 308
Zu berücksichtigen ist dabei auch, dass nach der Rechtsprechung des EuGH sowie des BGH durch die Einwilligung in die maßgebliche Nutzung ein gesetzlicher Vergütungsanspruch – wie bei den gesetzlichen Schrankenbestimmungen – nicht ausgeschlossen wird.
2. Geschäftsmodelle durch Schranken
Rz. 309
Am Beispiel des BGH-Urteils "Intern...