Rz. 565
Da das Internet von großer Bedeutung für die Meinungs- und Informationsfreiheit ist, sollen die in Art. 17 Abs. 7 S. 2 DSM-RL vorgesehenen Schranken durch § 5 UrhDaG umgesetzt werden, womit auch die in §§ 9, 11 und 12 UrhDaG vorgesehenen Nutzerrechte garantiert sind.
1. Gesetzlich erlaubte Nutzungen (Schrankenregelung)
Rz. 566
§ 5 Abs. 1 UrhDaG lautet:
Zulässig ist die öffentliche Wiedergabe von urheberrechtlich geschützten Werken und Teilen von Werken durch den Nutzer eines Diensteanbieters zu folgenden Zwecken:
Art. 17 Abs. 9 UAbs. 3 DSM-RL besagt (umgesetzt in § 5 Abs. 1 Nr. 3 UrhDaG), dass sich Nutzer auf die bereits im Unionsrecht existierenden gesetzlichen Erlaubnisse berufen können, soweit diese in nationales Recht umgesetzt wurden, also die Schrankenregelungen der §§ 44a–63a UrhG. Sofern es sich bei dem Upload um eine "freie Benutzung" (frühere Bezeichnung in § 24 a.F. UrhG) eines Werkes handelt, die also einen hinreichenden Abstand zum verwendeten Werk wahrt, bedarf diese Benutzung keiner Zustimmung des Urhebers (§ 23 UrhG).
2. Vergütungsanpruch
Rz. 567
Nach § 5 Abs. 2 UrhDaG hat der Urheber (über § 21 Abs. 1 UrhDaG auch der Leistungsschutzberechtigte) für die öffentliche Wiedergabe der in § 5 Abs. 1 Nr. 2 UrhGaG genannten Schranken, also für Karikaturen, Parodien und Pastiches (§ 51a UrhG) gegenüber dem Diensteanbieter (nicht den Nutzern) Anspruch auf angemessene Vergütung, wobei dieser Anspruch nicht verzichtbar ist und im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten werden kann. § 63a Abs. 2 UrhG und § 27a VGG, also die Regelungen über die Verlegerbeteiligung, sind anzuwenden.
Conrad/Nolte bezeichnen diese Vergütungspflicht als "Paukenschlag". Allerdings bezog sich die damit zum Ausdruck gebrachte Kritik gerade auf das in der Tat für die Meinungsbildung essenzielle Zitatrecht (§ 51 UrhG), das zwar im Referentenentwurf, allerdings nicht mehr im vom Deutschen Bundestag beschlossenen Gesetzestext der Vergütungspflicht unterliegt. Im Hinblick auf die Schrankenregelungen des § 51a UrhG ist zu berücksichtigen, dass die Vergütung nicht vom Nutzer, sondern den Diensteanbietern zu entrichten ist, die gerade an Pastiches, wie etwa Memes, erhebliche Einnahmen erzielen. Die These vom "indirekten Schuldner" des Nutzers und den daraus folgenden negativen Anreizen ist nicht nachvollziehbar. Denn trotz Schrankenregelungen, wie etwa der Privatkopierfreiheit (§ 53 UrhG), bestand schon nach bisheriger Gesetzeslage (siehe § 54 UrhG) für die Hersteller von Geräten und von Speichermedien bei "zu erwartenden Vervielfältigungen" die Pflicht zur Zahlung einer angemessenen Vergütung. Dass sich diese Zahlung auf den Gerätepreis auswirken kann, wurde auch bisher nicht als Hinderungsgrund für die Vergütungspflicht angesehen. Zudem hat das BVerfG im Rahmen der Prüfung der "freien Benutzung" (früher § 24 UrhG, heute teilweise § 23 UrhG) zu erkennen gegeben, dass die Kunstfreiheit einer (nachlaufenden) Vergütungspflicht nicht entgegensteht.
Rz. 568
Auf die gesetzlichen Erlaubnisse nach § 5 Abs. 1 UrhDaG hat der Diensteanbieter den Nutzer in seinen Allgemeinen Geschäftsbedingungen hinzuweisen (§ 5 Abs. 3 UrhDaG).
3. Erstreckung von Erlaubnissen
Rz. 569
Die Erlaubnis des Diensteanbieters erstreckt sich nur auf solche Nutzer, die nicht kommerziell handeln oder keine erheblichen Einnahmen erzielen (§ 6 Abs. 1 UrhDaG). Umgekehrt wirkt die Erlaubnis des Nutzers auch zugunsten des Diensteanbieters (Abs. 2). Ob sich diese Erstreckung nach Erwägungsgrund 69 DSM-RL nur auf vertragliche Erlaubnisse ("etwa mittels Lizenzvereinbarung") erstreckt, ist fraglich. Metzger/Pravemann sind der Auffassung, dass eine gesetzliche Erlaubnis (§ 5 UrhDaG) davon nicht erfasst sei, sodass trotz der Erstreckungsregelung des § 6 Abs. 2 UrhDaG die Lizenzierungspflicht für den Diensteanbieter nicht entfällt.