Rz. 695
In Deutschland ist man mit 18 Jahren voll geschäftsfähig. Ausnahmen beinhaltet das Asylverfahrensgesetz und das Aufenthaltsgesetz, hier sind Personen ab 16 Jahren handlungsfähig (§ 12 AsylVfG, § 80 AufenthG). Kind i.S.d. § 99 FamFG kann auch eine Person sein, die das 18. Lebensjahr bereits vollendet hat, wenn diese nach dem insoweit anwendbaren Recht noch minderjährig ist.
Rz. 696
Die Rechts- und Geschäftsfähigkeit von Verletzten und Hinterbliebenen richtet sich nach deren Heimatrecht (Art. 7 EGBGB). Nach Art. 7 Abs. 1 S. 1 EGBGB richtet sich die Rechts- und Geschäftsfähigkeit einer Person nach den Bestimmungen desjenigen Staates, dem sie angehören; d.h. dass z.B. eine Person von der Elfenbeinküste erst mit 21 Jahren volljährig ist. Dies gilt auch, soweit die Geschäftsfähigkeit durch Eheschließung erweitert wird.
Rz. 697
Ist der Zeitpunkt des Eintritts der Volljährigkeit sowohl für die internationale Zuständigkeit als auch für die verfahrensgegenständliche Frage, ob die Vormundschaft beendet ist, maßgeblich, handelt es sich insoweit um eine doppelrelevante Tatsache, für die im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung die Minderjährigkeit als gegeben zu unterstellen ist. Auch wenn das deutsche Gericht seine internationale Zuständigkeit bei Anordnung einer Vormundschaft auf Art. 8 Abs. 1 Brüssel IIa-VO stützt, ist die hypothetische Zuständigkeit nach Art. 5 und 6 KSÜ ausreichend dafür, dass gemäß Art. 15 Abs. 1 KSÜ deutsches Recht zur Anwendung kommt. Die Regelung in Art. 12 Abs. 1 Genfer Flüchtlingskonvention erfasst auch die Frage der Volljährigkeit eines Flüchtlings, so dass sie die Staatsangehörigkeitsanknüpfung des Art. 7 Abs. 1 EGBGB verdrängt.
Rz. 698
In einigen Ländern gilt eine vom 18. Lebensjahr abweichende Regelung. Diese Regelungen sind insbesondere für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge von Bedeutung. Wenn die Volljährigkeit später als mit dem 18. Lebensjahr eintritt, muss auch die Vormundschaft entsprechend länger bestimmt werden; das Heimatrecht hat in diesen Fällen Vorrang (Art. 7 EGBGB). In Zweifelsfällen zu Volljährigkeit und Geschäftsfähigkeit kann auch eine Anfrage bei der jeweiligen Landesbotschaft weiterhelfen.
Rz. 699
Die Altersgrenzen im Ausland unterscheiden sich teilweise erheblich von denen in Deutschland:
▪ |
Die Altersgrenze für das Erreichen der Volljährigkeit ist z.B. niedriger als in Deutschland: |
Übersicht 2.13: Niedrigere Altersgrenze für das Erreichen der Volljährigkeit außerhalb von Deutschland
Volljährigkeit mit Erreichen |
Land |
9. Lebensjahr |
Iran (nur Mädchen) |
15. Lebensjahr |
Iran (nur Jungen) |
16. Lebensjahr |
Kirgisistan, Nepal, Pakistan (nur Frauen), Turkmenistan, Usbekistan, Schottland |
17. Lebensjahr |
Tadschikistan |
▪ |
Die Altersgrenze für das Erreichen der Volljährigkeit ist z.B. höher als in Deutschland: |
Übersicht 2.14: Höhere Altersgrenze für das Erreichen der Volljährigkeit außerhalb von Deutschland
Volljährigkeit mit Erreichen |
Land |
19. Lebensjahr |
Algerien, Canada (nur einige Provinzen) |
20. Lebensjahr |
Japan, Neuseeland, Südkorea, Thailand, Taiwan, Tunesien |
21. Lebensjahr |
Ägypten, Bahrain, Burundi, Elfenbeinküste, Guinea, Honduras, Kamerun, Lesotho, Namibia, Philippinen, Singapur, Swasiland, Togo |