Rz. 467
Wer Ersatz für Personenschaden verlangt, muss zunächst den ursächlichen Zusammenhang (haftungsbegründende Kausalität) zwischen schädigendem Verhalten (Rechtsgutverletzung dem Grunde nach) und der eingetretenen Rechtsgutverletzung (Körperverletzung) ("überhaupt verletzt")[561] nach § 286 ZPO (Strengbeweis) – und nicht unter den Beweiserleichterungen des § 287 ZPO – darlegen und beweisen.[562] Das OLG Hamm[563] betont, dass bei Erschöpfung der zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten nach der allgemeinen Beweislastregel Zweifel zulasten des beweispflichtigen Geschädigten gehen.
Rz. 468
§ 287 ZPO findet erst dann Anwendung, wenn und soweit es um die Frage geht, ob eine haftungsbegründende Primärverletzung weitere vom Kläger geltend gemachte Gesundheitsbeeinträchtigungen zur Folge hatte (haftungsausfüllende Kausalität). Werden unabhängig davon aus der zugrunde liegenden Verletzungshandlung weitere unfallursächliche Primärverletzungen (Mehrfachverletzung) geltend gemacht, unterfallen diese dem Beweismaß des § 286 ZPO (haftungsbegründende Kausalität).[564] Zum schädigenden Mehrfachereignis Rdn 1077 ff.
Rz. 469
Ist eine Primärverletzung nicht bewiesen (§ 286 ZPO), fehlt es an einer Körperverletzung i.S.d. Haftpflichttatbestände (z.B. § 823 BGB, § 7 StVG); u.a. Fahrtkosten zu Ärzten und andere Kosten einer Behandlung sind damit mangels Rechtsgutverletzung nicht zu ersetzen.[565] Bei psychischen Erkrankungen ist eine Diagnosestellung nach ICD-10 erforderlich.[566]
Rz. 470
Auch ein Anspruch von Drittleistungsträgern (z.B. Arbeitgeber für Lohnfortzahlung oder Krankenkasse für "rein vorsorgliche Untersuchung") entfällt daher mangels eines in der Person des unmittelbar Unfallbeteiligten entstandenen Anspruchs.
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