Rz. 36

Die Antworten suchende Ausgangsfrage vor einer Entscheidung über eine Ersatzleistung an den Fordernden lautet regelmäßig: "Wer will von wem wieviel" (d.h., was warum aus welchem Rechtsgrund)?

 

Rz. 37

 

Übersicht 2.1: WER will WAS von WEM WARUM WORAUS?

WER will WAS von WEM WARUM WORAUS? Siehe näher
WER

Fordernder

(Anspruchsteller, Abtretungsgläubiger oder Ersatzempfänger [z.B. SVT, Arbeitgeber])
Orientierung an der Art der Betroffenheit (Verletzung – Tod)
Beachtung der dynamischen Entwicklung bei der Aktivlegitimation.
Rdn 41 ff.; § 3 Rdn 194 ff.
WAS

(Geld-)Forderung,

regelmäßig aus diversen Einzelpositionen bestehend
Schadenersatznormen bestimmen das Anspruchsvolumen der Höhe nach.
Für Drittleistungen ist auf Kongruenz zu achten,
u.U. kommen Bevorrechtigungen einzelner Anspruchsgläubiger in Betracht.[24]
Rdn 108 ff.
WEM

Ersatzverpflichteter

(bzw. hinter ihm stehender Haftpflicht-Versicherer)
Haftungsnormen bestimmen die Ersatzpflicht dem Grunde nach.
Rdn 188 ff.

Drittleistungsträger

(zugleich i.d.R. gegenüber dem Schadensersatzpflichtigen dann Ersatzempfänger)
  Rdn 195 ff.
WARUM tatsächlicher Lebenssachverhalt
Zusammentragen der erforderlichen Informationen zu Schadengrund und Anspruchshöhe.
Berücksichtigung von Aspekten der Drittleistungsbeziehung (z.B. gesetzlicher Unfallversicherungsschutz).
Rdn 217 ff.

WORAUS

(aus WELCHEM Rechtsgrund)
Haftungsnorm (Rechtsgrund)
Haftungsnormen regeln den Rechtsgrund, d.h. die Frage, ob überhaupt etwas zu bezahlen ist (Haftung dem Grunde nach).
Rdn 311 ff., Rdn 336 ff.
Schadenersatznorm (Rechtsfolge)
Schadenersatznormen bestimmen (nach Feststellung der Haftung dem Grunde nach) in der Rechtsfolge, was im Einzelnen (auch der Höhe nach) zu bezahlen ist (Schadenersatz der Höhe nach).
Rdn 366 f.
 

Rz. 38

 

Übersicht 2.2: Prüfungsschema

schadenstiftendes Ereignis ("Unfall")

  Rechtsgrund  
  Rechtsfolge  
  Ersatz des dem Anspruchsteller zustehenden Schadens  
     
 

Rz. 39

Im Detail:

 

schadenstiftendes Ereignis ("Unfall")

 
  Rechtsgrund   Haftung

durch Rechtsnorm geschütztes Rechtsgut des Geschädigten verletzt[25]

haftungsbegründende Kausalität[26] (§ 286 ZPO)

kein Haftungs- oder Forderungsausschluss[27]

(bei Verantwortungsmehrheit: u.U. gestörte Gesamtschuld)

Forderungsberechtigung ("Aktivlegitimation") des Anspruchstellers[28]

zivilrechtliche Verantwortlichkeit der in Anspruch genommenen Person ("Schädiger")

Verschuldenshaftung

verschuldensunabhängige Haftung

("Gefährdungshaftung")

Beitrag des Geschädigten zum schadenstiftenden Ereignis

i.S.e. Mitverursachung[29] des Schadens dem Grunde nach

  Rechtsfolge    
 

Rz. 40

 
 

Rechtsfolge

"Verpflichtung des In-Anspruch-Genommenen zum Schadenersatz"
  Schadenersatz
bei Mitverursachung dem Grunde nach: Ersatz nur entsprechend der Haftungsquote

haftungsausfüllende Kausalität[30] (§ 287 ZPO, § 252 BGB)

überholende Kausalität

materieller Schaden

immaterieller Schaden

Beitrag des Geschädigten[31] zur Höhe des geltend gemachten Schadens

i.S.e. Mitverursachung des Schadens der Höhe nach

  Beachtung von Bevorrechtigungen (z.B. Quotenvorrecht)  
   
  Ersatz des dem Anspruchsteller zustehenden Schadens  
 

gekürzt entsprechend

der Haftungsquote zum Grund

gekürzt entsprechend

der Mitverursachung zur Höhe
 
           
[24] Einzelheiten zu Quoten-/Befriedigungsvorrechten pp. siehe Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 254 BGB Rn 311 ff.; Jahnke/Burmann-Jahnke, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 6 Rn 4881 ff.
[25] Abgrenzung u.a. zum mittelbaren Schaden.

Hinweis: Drittleistungsträger (wie Arbeitgeber, Sozialversicherung) sind lediglich mittelbar geschädigt und daher (außerhalb von § 640 RVO, § 110 SGB VII) ausschließlich per Forderungsübergang anspruchsberechtigt (dazu Jahnke/Burmann-Jahnke, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 6 Rn 5120 ff. m.w.H.). Soweit ein Forderungsübergang nicht stattgefunden hat, erhält der Drittleistungsträger keinen Ersatz.

[26] Rechtsgutverletzung durch das schädigende Ereignis.
[27] Z.B. Arbeitsunfall, wirksamer Anspruchsverzicht.
[28] Insbesondere ist auf Forderungsübergänge auf Dritte zu achten.
[29] Mitverschulden umfasst inhaltlich neben einer vorwerfbaren – damit Schuldfähigkeit voraussetzenden – Handlung oder Unterlassung des Verletzten auch die verschuldensunabhängige Verantwortung (z.B. Betriebsgefahr) für eine objektiv gefährliche Sache (z.B. Tier, Kfz.) (zu Einzelheiten Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 254 BGB Rn 158 ff. m.w.H.). Zur Zurechnung der Mitverantwortung von Dritten im Haftungsgrund siehe Jahnke/Thinesse-Wiehofsky, Unfälle mit Kindern und Arzthaftung bei Geburtsschäden, 1. Aufl. 2013, § 4 Rn 63.
[30] Schaden beim Anspruchsteller aufgrund der Rechtsgutverletzung.
[31] U.U. auch eigener Beitrag des Rechtsnachfolgers (dazu Jahnke, jurisPR-VerkR 2/2010 Anm. 2 [Anm. zu BGH v. 17.11.2009 – VI ZR 58/08 – VersR 2010, 270] m.w.H.).

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