Rz. 149
Die Differenzierung nach schadenkongruenten Forderungen hat Bedeutung auch für Teilabfindungen sowie für etwaige Forderungsübergänge auf Drittleistungsträger, aber auch – bei unzureichender Deckungssumme oder unzureichendem Vermögen des Schädigers – für quotenbevorrechtigte Forderungen des unmittelbar Verletzten.
Rz. 150
Der BGH betont die Wirkungen der Forderungsübergänge (vor allem des § 116 SGB X): Zum einen die Verhinderung einer unverdienten Entlastung des Verursachers eines Schadens durch eine Sozialleistung, zum anderen der Vermeidung einer doppelten Entschädigung des Geschädigten. Die Sichtweise der sog. "Gruppentheorie" (wonach im Allgemeinen die für den Regress des Leistungsträgers erforderliche sachliche Kongruenz von Leistung und Schadenersatzanspruch schon dann bejaht wird, wenn beide derselben Schadensgruppe dienen) ist auf die Aufgabe beschränkt, die Schadensregulierung zu erleichtern. Das macht nicht die Prüfung entbehrlich, ob Sinn und Zweck des § 116 SGB X die Geltendmachung des Ersatzanspruchs durch den Leistungsträger anstelle des Geschädigten rechtfertigen. Ohne dieses Korrektiv könnte das unbillige Ergebnis eintreten, dass der Geschädigte, wenn für ihn ein Versicherungsträger eintritt, trotz eines uneingeschränkten Ersatzanspruchs gegen den Schädiger keine vollständige Schadensdeckung erreicht, wenn die Leistungen des Versicherungsträgers sich zwar der Art nach auf den Schaden beziehen, diesen aber nur zu einem Teil abdecken.
Rz. 151
Zu § 116 SGB X führt der BGH aus:
Zitat
"Gemäß § 116 Abs. 1 S. 1 SGB X geht ein auf anderen gesetzlichen Vorschriften beruhender Anspruch auf Ersatz eines Schadens auf den Versicherungsträger über, soweit dieser aufgrund des Schadensereignisses Sozialleistungen zu erbringen hat, die der Behebung eines Schadens der gleichen Art dienen (sachliche Kongruenz) und sich auf denselben Zeitraum wie der vom Schädiger zu leistende Schadensersatz beziehen (zeitliche Kongruenz). Dabei knüpft der Forderungsübergang an die Leistungspflicht des SVT an ("zu erbringen hat"), nicht an tatsächlich erbrachte Leistungen (vgl. BGH BGHZ 155, 342, 347 ff. [juris Rn 15 ff.])."
Rz. 152
Sachliche Kongruenz von Versicherungsleistung einerseits und Schadensersatzanspruch andererseits besteht, wenn beide derselben Schadensart zuzuordnen sind. Es werden abschließend für den Personenschaden folgende Schadenarten unterschieden:
Rz. 153
Übersicht 2.7: Schadenpositionen einer geschädigten Person
Gesamtheit der Schadenpositionen der anspruchsberechtigten Person |
materieller Schaden |
immaterieller Schaden |
Sachschaden |
Körperschaden |
sonstiger Schaden |
Eigentumsstörung |
Heilbehandlung |
Erwerbsschaden |
entgangene Dienste |
Unterhaltsschaden |
Beerdigungskosten |
vermehrte Bedürfnisse |
Schmerzensgeld |
Hinterbliebenengeld |
Rz. 154
Der Haushaltsführungsschaden bildet keine eigenständige Kongruenzgruppe, sondern hat eine Kongruenzverbindung einerseits zum Verdienstausfall, andererseits zu vermehrten Bedürfnissen. Daher verändert sich die Übergangsfähigkeit dieser Schadenersatzposition im Laufe der Zeit auch in Abhängigkeit vom Familienzuschnitt (§ 1 Rdn 472 ff.).