a) Form
Rz. 526
Eine Schriftform ist gesetzlich nicht vorgeschrieben. Der Abschluss eines Vergleiches ist grundsätzlich formlos ("keine Form ohne Norm") möglich.
Rz. 527
Regelmäßig wird in der Praxis der Personenschadenregulierung eine (schriftliche) Abfindungserklärung unterzeichnet. Ebenso formal ausreichend ist die schriftliche Gegenbestätigung des Anspruchsberechtigten/Geschädigten bzw. des von diesem Beauftragten (insbesondere Rechtsanwalt) in einem Anschreiben, dass die Ansprüche erledigt seien.
Rz. 528
Bei Abfindungsverhandlungen mit SVT (z.B. im Rahmen von Sammelbesprechungen) entfällt häufig eine schriftliche Bestätigung des Besprechungsergebnisses, ohne dass dadurch die Wirksamkeit der Vereinbarung beeinträchtigt ist.
Rz. 529
Erst nach Vertragsschluss getroffene Formabreden dienen regelmäßig nur Beweiszwecken.
Rz. 530
Da sich die gesundheitliche Beeinträchtigung und die daran anknüpfende Anspruchsabwicklung gerade im Personenschadenbereich über einen langen Zeitraum erstrecken kann, empfiehlt sich zur Beweissicherung die schriftliche Fixierung von Abreden, insbesondere bei ganz oder teilweiser Erledigung von Ansprüchen.
b) Invitatio ad offerendum
Rz. 531
Der für den Versicherer handelnde Schadensachbearbeiter/Regulierer unterbreitet in aller Regel kein eigenes Angebot, sondern nur eine "invitatio ad offerendum" (Einladung zum Angebot), was zudem häufig durch die Erklärung "Direktionsgenehmigung vorbehalten" klargestellt ist: Das Abfindungsangebot unterbreitet dann der Anspruchsberechtigte und der Versicherer kann dieses Angebot innerhalb einer ihm vom Anspruchsteller (regelmäßig auf dem Abfindungsformular enthaltenen) gesetzten Bindungsfrist dann akzeptieren. Fehlt der Hinweis auf den Direktionsvorbehalt, bedeutet dieses nicht automatisch, dass der verhandelnde Regulierer seinerseits uneingeschränkte Abschlussvollmacht hat.
Rz. 532
Zumeist ergibt sich aus dem Kontext der Abfindungserklärung ausreichend deutlich, dass das Angebot vom Verletzten kommt (z.B. "Ich/wir … erkläre(n) mich/uns nach Zahlung von … EUR mit allen Ansprüchen aus dem Schadenfall vom … für jetzt und die Zukunft auch wegen unerwarteter und unvorhergesehener Folgen endgültig abgefunden.").
Rz. 533
Wird allerdings schriftlich in der Schadenkorrespondenz ein "Angebot" vom Versicherer unterbreitet, handelt es sich, solange kein entsprechender Vorbehalt deutlich gemacht wird oder ein solcher Vorbehalt sich nicht aus den Begleitumständen ergibt, nicht um eine bloße invitatio, sondern schon um ein bindendes Angebot (auch bei objektiv fehlender Vollmacht des Sachbearbeiters des Versicherers). Die Grundsätze der Anscheins-/Duldungsvollmacht prägen das Zustandekommen des Vergleichsvertrages an dieser Stelle.
Rz. 534
Der Erklärende ist bis zur Entscheidung des Ersatzpflichtigen an sein Angebot gebunden und kann nicht widerrufen (§§ 145, 130 BGB). Die Rechtsfolgen einer einseitigen Willenserklärung können nach dem Zeitpunkt ihres Zugangs weder einseitig widerrufen noch zurückgenommen werden (§ 130 Abs. 1 S. 2 BGB). Eine Rücknahme einer einseitigen Willenserklärung ist nach Zugang nicht mehr möglich.
Rz. 535
Ob der Regulierungsbeauftragte des Schädigers oder dessen Versicherer die handschriftlichen Erklärungen in ein Abfindungsformular aufnimmt (dies gilt auch für etwaige Vorbehalte), ändert nichts an der Person des Erklärenden: Für den Erklärungsinhalt eines Abgeltu...