(a) Zurechnung
Rz. 399
Wird das Kind im Zusammenhang mit der Anbahnung oder Abwicklung eines Vertrags- oder Sonderrechtsverhältnisses verletzt, hat es sich ein Mitverschulden seines gesetzlichen Vertreters wegen §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB unmittelbar anspruchsmindernd zurechnen zu lassen. § 254 Abs. 2 S. 2 BGB ist ein Rechtsgrundverweis, kein Rechtsfolgenverweis.
Rz. 400
Besteht aber keine solche rechtliche Sonderverbindung, braucht sich eine verletzte natürliche Person auch das etwaige Mitverschulden gesetzlicher Vertreter bei der Entstehung des Schadens nicht anrechnen zu lassen.
(b) Gesetzlicher Vertreter
Rz. 401
Gesetzliche Vertreter eines Minderjährigen sind vor allem dessen Eltern, die nach § 1629 Abs. 1 BGB zwar grundsätzlich gemeinschaftlich handeln, aber bereits bei obliegenheitswidrigem Verhalten eines Elternteiles einen Mitverschuldenseinwand begründen.
Rz. 402
Weitere Vertreter sind Vormund (§§ 1773, 1793 BGB), Betreuer (§§ 1896, 1902 BGB) und Pfleger (§ 1909 BGB).
(c) Verantwortungsmaßstab
Rz. 403
Der Sorgfaltsmaßstab des Erfüllungsgehilfen richtet sich grundsätzlich nach der Stellung des Schuldners (und damit nach den rechtlichen Aspekten, die für das Kind, an dieser Stelle dessen Schuld- und Deliktsfähigkeit unterstellt, gelten): Ob der Erfüllungsgehilfe sich also schuldhaft verhalten hat, richtet sich nach dem Verschuldensmaßstab, der für den Schuldner (= Kind) gilt, denn dieser hat das Verschulden des Erfüllungsgehilfen in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes.
Rz. 404
Verschulden des Erfüllungsgehilfen ist damit anzunehmen, wenn dieser vorsätzlich handelt oder die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer Acht lässt (§ 276 Abs. 2 BGB). Es gilt in diesem Kontext (zugunsten der Eltern) als Verantwortungsmaßstab gegenüber dem Dritten (Schadenersatzschuldner) nicht der geringere Maßstab des § 1664 BGB (diligentia quam in suis, § 277 BGB; dazu auch Rdn 442 ff.), sondern § 276 BGB und damit eine Anspruchskürzung auch bei einfacher Fahrlässigkeit.
Rz. 405
Soweit für den Schuldner (Schuldner ist das Kind, nicht sein Erfüllungsgehilfe bzw. gesetzlicher Vertreter) ein strengerer oder milderer Verschuldensmaßstab (z.B. beim Sportunfall) gilt, ist dieser auch für die Beurteilung des Verhaltens des Erfüllungsgehilfen/gesetzlichen Vertreters als schuldhaft maßgebend.
Rz. 406
Für die Zurechnungsfähigkeit (§ 827 BGB) kommt es auf die Person des Erfüllungsgehilfen/gesetzlichen Vertreters an. Haftet der Erfüllungsgehilfe persönlich für einen in Trunkenheit angerichteten Schaden aufgrund des § 827 S. 2 BGB (actio libera in causa), haftet derjenige, der sich des Trunkenen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit bediente, nach §§ 278, 276 Abs. 1 S. 2 BGB.
(d) Sonderrechtsverhältnis
Rz. 407
Die Mitverschuldenszurechnung nach §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB setzt ein vor dem Haftpflichtgeschehen b...