Rz. 288

Anwaltliches Fehlverhalten kann nicht nur Ansprüche des Mandanten tangieren (zur Wissensvertretung Rdn 463, Rdn 926 ff., Rdn 943; § 3 Rdn 189; § 5 Rdn 455 ff., § 5 Rdn 498).[252] Übernimmt der Anwalt ein Mandat zur Anspruchsverfolgung von Ersatzansprüchen, hat er auch Verpflichtungen gegenüber dem Schadenersatzschuldner (und dessen Haftpflichtversicherer).

 

Rz. 289

Für den Rechtsvertreter kann eine eigenständige Haftung begründet sein/werden (siehe §§ 164, 311 Abs. 3 i.V.m. 280 Abs. 1 BGB; siehe auch Rdn 943). § 166 BGB fügt die Repräsentationstheorie in das Stellvertreterrecht ein, damit eine Schlechterstellung des Geschäftspartners (das ist im Rahmen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses der Schadenersatzverpflichtete) vermieden wird. Die begleitende Sachwalterhaftung des zur Schadenregulierung einbezogenen anwaltlichen Vertreters kann dabei gerade aus seiner Profession resultieren;[253] bezogen auf das Nicht-Berücksichtigen von Forderungswechseln zugunsten von Drittleistungsträgern kann die anwaltliche Haftung auch aus einem eigenwirtschaftlichen Interesse (Streitwerterhöhung) folgen. Begleitet wird dies von der prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO; auch Rdn 291 ff.).

 

Rz. 290

Die anwaltliche Vertretung eines Geschädigten kann sich im Verhältnis zum Haftpflichtversicherer des Schädigers auch zu seinen Lasten auswirken (Rdn 943).[254] Ein den Schaden regulierender Haftpflichtversicherer ist – jedenfalls einem anwaltlich vertretenen – Verletzten gegenüber nicht zur Aufklärung und Beratung verpflichtet.[255] Anwaltliche Fehler berechtigen weder zur Anfechtung noch zum Rücktritt vom Vergleichsvertrag.[256]

[252] Wenzel-Jahnke, Der Arzthaftungsprozess, 2. Aufl. 2024, Teil 13 Kap. 87 Rn 502 ff. m.w.H.
[253] MüKo/BGB-Schubert, 9. Aufl. 2021, § 164 BGB Rn 255 f.
[254] OLG Jena v. 9.8.2006 – 7 U 289/06 – r+s 2006, 527 (BGH v. 12.6.2007 – VI ZR 196/06 – VersR 2008, 376 hat das OLG-Urteil aufgehoben und zurückverwiesen, da nicht unstreitig sei, dass die Verletzungsfolgen objektiv vorhersehbar gewesen seien [Gehörsrüge]); OLG Karlsruhe v. 9.6.2004 – 10 U 236/03 – VersR 2006, 251; OLG Nürnberg v. 1.7.1999 – 2 U 531/99 – VersR 2001, 982 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 11.4.2000 – VI ZR 427/99). Wenzel-Jahnke, Der Arzthaftungsprozess, 2. Aufl. 2024, Teil 13 Kap. 87 Rn 816.
[255] OLG Dresden v. 23.5.2017 – 4 U 1524/16 – BeckRS 2017, 114109 = jurisPR-VerkR 22/2018 Anm. 2 (Anm. Lang) = NJW-RR 2018, 30 = NJW-Spezial 2017, 426 = VersR 2017, 1404 (Vorinstanz LG Chemnitz v. 23.9.2016 – 5 O 2154/13 – BeckRS 2016, 123282); OLG Hamm v. 23.10.1995 – 6 U 57/95 – r+s 1996, 58; OLG Jena v. 24.11.2004 – 4 U 399/04 – SVR 2005, 383 (Anm. Nehls) (Die Qualität des damaligen anwaltlichen Vertreters des Klägers kann keine besondere Pflichtenlage beim beklagten Haftpflichtversicherer schaffen. Im Übrigen hat der BGH mit Urt. v. 8.12.1998 [gemeint ist wohl – VI ZR 318/97 – VersR 1999, 382] sogar eine vollständig fehlende anwaltliche Vertretung für unbedenklich gehalten.) (Anm.: Die vom OLG Jena aufgehobene Entscheidung der ersten Instanz [LG Erfurt v. 13.4.2004 – 9 O 736/03] folgerte aus dem Umstand, dass ein Verletzter von einem "jungen und unerfahrenen Rechtsanwalt vertreten" wurde, einen Verstoß gegen Treu und Glauben hinsichtlich der vom Haftpflichtversicherer erhobenen Verjährungseinrede); OLG Karlsruhe v. 9.6.2004 – 10 U 236/03 – VersR 2006, 251. Siehe auch: OLG Düsseldorf v. 11.5.2000 – 8 U 105/99 – VersR 2002, 54 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 13.2.2001 – VI ZR 236/00); OLG Nürnberg v. 1.7.1999 – 2 U 531/99 – VersR 2001, 982 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 11.4.2000 – VI ZR 427/99); OLG Saarbrücken v. 9.7.1998 – 3 U 854/97 – 63 – BeckRS 1998, 16564 = SP 1999, 49 (S. 51 a.E.). Geigel-Bacher, Der Haftpflichtprozess, 29. Aufl. 2024, Kap. 39 Rn 5.
[256] OLG Jena v. 24.11.2004 – 4 U 399/04 – SVR 2005, 383 (Anm. Nehls); OLG Nürnberg v. 1.7.1999 – 2 U 531/99 – VersR 2001, 982 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. vom 11.4.2000 – VI ZR 427/99). Siehe auch LG Kaiserslautern v. 21.1.2005 – 2 O 233/02 – BeckRS 2005, 4087 = zfs 2005, 336 (Anm. Diehl).

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