Rz. 1376

 

Hinweis

Siehe auch § 1 Rdn 192 ff., Rdn 1241 ff.

 

Rz. 1377

 

§ 323 ZPO – Abänderung von Urteilen

(1)

1Enthält ein Urteil eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil die Abänderung beantragen.

2Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, aus denen sich eine wesentliche Veränderung der der Entscheidung zugrunde liegenden tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse ergibt.

(2) Die Klage kann nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch nicht möglich ist oder war.
(3) Die Abänderung ist zulässig für die Zeit ab Rechtshängigkeit der Klage.
(4) Liegt eine wesentliche Veränderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse vor, ist die Entscheidung unter Wahrung ihrer Grundlagen anzupassen.
 

§ 323a ZPO – Abänderung von Vergleichen und Urkunden

(1)

1Enthält ein Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 oder eine vollstreckbare Urkunde eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen, kann jeder Teil auf Abänderung des Titels klagen.

2Die Klage ist nur zulässig, wenn der Kläger Tatsachen vorträgt, die die Abänderung rechtfertigen.

(2) Die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung richten sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.
 

§ 323b ZPO – Verschärfte Haftung

Die Rechtshängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage steht bei der Anwendung des § 818 Abs. 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Rechtshängigkeit einer Klage auf Rückzahlung der geleisteten Beträge gleich.

a) Veränderung

 

Rz. 1378

Eine Rente kann bei wesentlicher Änderung der Verhältnisse (auf Seiten des Geschädigten: Verschlimmerung des Körperschadens, Erhöhung des hypothetischen Verdienstes, Erhöhung der Lebenshaltungskosten – auf Seiten des Ersatzverpflichteten: Veränderung der berücksichtigten hypothetischen wirtschaftlichen Verhältnisse zum Nachteil des Verletzten [z.B. Konkurs des ehemaligen Arbeitgebers], Besserung des Gesundheitszustandes,[1445] verbesserte Erwerbsmöglichkeiten, veränderte Familienverhältnisse[1446]) abgeändert werden.

 

Rz. 1379

Auch zum Schutz von Kaufkraftverlusten ist der Anspruchsberechtigte auf die Abänderungsklage (§ 323 ZPO) oder außergerichtliche Abänderung des Vergleiches angewiesen.[1447] §§ 323 ff. ZPO sind in Anpassung an §§ 238 ff. FamFG strukturiert.[1448]

 

Rz. 1380

Auch Rentenvergleiche (siehe § 323a ZPO) sind grundsätzlich wegen Wegfalles der Geschäftsgrundlage einer Anpassung zugänglich.[1449] Auch die Kündigung ist möglich.[1450]

 

Rz. 1381

Nicht nur der Anspruchsberechtigte, sondern auch der Ersatzverpflichtete kann bei Veränderung der Verhältnisse Abänderungsklage erheben. Die Abänderung kann einerseits nach oben (regelmäßig auf Veranlassung des Ersatzberechtigten), andererseits aber ebenso auch nach unten (i.d.R. auf Verlangen des Ersatzpflichtigen) erfolgen.

 

Rz. 1382

Es muss sich um eine wesentliche Veränderung handelt, die zur Abweichung von mindestens 10 % führt.[1451]

[1445] Vgl. OLG Hamm v. 13.5.1996 – 6 U 92/94 – r+s 1997, 199 (BGH hat die Revision nicht angenommen, Beschl. v. 18.2.1997 – VI ZR 236/96).
[1447] OLG Karlsruhe v. 7.5.1969 – 4 U 51/68 – VersR 1969, 1123. Siehe auch BGH v. 3.7.1973 – VI ZR 60/72 – NJW 1973, 1653 = VersR 1973, 1067.
[1448] BT-Drucks 16/6308 v. 7.9.2007, S. 325 (zu Nr. 12).
[1449] BGH v. 4.10.1988 – VI ZR 46/88 – BGHZ 105, 243 = DAR 1989, 19 = MDR 1989, 149 = NJW 1989, 289 = NZV 1989, 65 = r+s 1989, 14 (nur Ls.) = VersR 1989, 154 = VRS 76, 161 = WI 1988, 207 = zfs 1989, 79 (Anpassung einer Unterhaltsrente, die ihren Versorgungszweck nicht mehr erfüllte); OLG Saarbrücken v. 20.12.1996 – 3 U 439/95 – NZV 1997, 271 (Neuregelung der Pflegeversicherung).
[1450] OLG Hamm v. 14.12.2004 – 9 U 129/04 – DAR 2005, 339 (Leistet der Schädiger Zahlungen zum Ausgleich unfallbedingter Beeinträchtigungen und stellt er diese Zahlungen im Zusammenhang mit der Erhebung der Feststellungsklage auf Nichtbestehen einer Zahlungspflicht ein, ist dieses als Kündigung der ursprünglichen Vereinbarung über ein Rentenversprechen anzusehen).
[1451] Musielak-Voit-Borth, 20. Aufl. 2023, § 323 ZPO Rn 19, 24. Zöller-Vollkommer, ZPO, 30. Aufl. 2014, § 323 ZPO Rn 32 weist allerdings darauf hin, dass eine schematische Anwendung einer 10 %-Schwelle von der Rechtsprechung nicht angewandt wird (siehe die Hinweise bei Zöller-Vollkommer, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 323 ZPO Rn 34 ff.). Siehe auch BGH v. 15.5.2007 – VI ZR 150/06 – BGHReport 2007, 753 (Anm. Luckey) = DAR 2007, 513 = FamRZ 2007, 1092 (nur Ls.) = MDR 2007, 1074 = NJW 2007, 2475 (Anm. Teichmann) = NJW-Spezial 2007, 306 = NZV 2007, 450 = r+s 2007, 391 = SP 2007, 282 = VersR 2007, 961 = zfs 2007, 442 (Abänderung einer Schmerzensgeldrente, die anders als Verdienstausfall und Unterhaltsrente nicht der Deckung des täglichen Lebensbedarfes dient, jedenfalls nicht unter 25 %iger Steigerung...

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