Rz. 353

Den Geschädigten trifft nach Eintritt des schädigenden Ereignisses die Obliegenheit, den Schaden abzuwenden oder zu mindern (§ 254 Abs. 2 S. 1 BGB). Dabei findet § 278 BGB entsprechende Anwendung (§ 254 Abs. 2 S. 2 BGB).[314]

 

Rz. 354

Bei der weiteren Schadenentwicklung und -abwicklung hat sich das verletzte Kind ein vorwerfbares Fehlverhalten (wie Verjährenlassen, Unterlassen schadenverhütender und schadenmindernder Maßnahmen) seiner gesetzlichen Vertreter nach §§ 254 Abs. 2 S. 2, 278 BGB anspruchsmindernd zurechnen zu lassen, sofern der gesetzliche Vertreter in Ausübung der gesetzlichen Vertretung handelt.[315] Personensorge (siehe § 1626 Abs. 1 S. 2 BGB) umfasst vor allem das Ergreifen ausreichender medizinischer Maßnahmen bei der Verletzungserkennung und Verletzungsbehandlung/-versorgung. Der Geschädigte muss sich der Hilfspersonen zur Erfüllung eines Gebotes des eigenen Interesses bedienen.[316] Für die Zurechnung des Verschuldens eines Dritten im Rahmen des § 254 Abs. 2 S. 2 BGB ist stets erforderlich, dass der Geschädigte einem derartigen Gebot unterliegt.

 

Rz. 355

Hervorzuheben ist, dass, auch wenn Eltern nach § 1629 Abs. 1 BGB grundsätzlich gemeinsam handeln, das obliegenheitswidrige Verhalten bereits eines Elternteiles den Mitverschuldensanteil gegenüber dem verletzten Kind und damit die Anspruchsminderung begründet.

 

Rz. 356

Es gilt hinsichtlich des elterlichen Fehlverhaltes nicht der geringere Maßstab des § 1664 BGB, sondern § 276 BGB (Anspruchsminderung auch bei einfacher Fahrlässigkeit).

[314] Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 25. Aufl. 2018, § 254 BGB Rn 278 ff.
[315] BGH v. 1.3.1988 – VI ZR 190/87 – BGHZ 103, 338 = DAR 1988, 306 = DVBl 1988, 788 = FamRZ 1988, 810 = JR 1989, 60 (Anm. Dunz) = JuS 1989, 405 (Anm. Emmerich) = JZ 1989, 45 (Anm. Lange) = MDR 1988, 766 = NJW 1988, 2667 = NJW-RR 1988, 1300 (nur Ls.) = VersR 1988, 632 = zfs 1988, 238 (nur Ls.); van Bühren/Lemcke/Jahnke-Lemcke, Anwalts-Handbuch Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2012, Teil 2 Rn 376; Geigel-Knerr, Der Haftpflichtprozess, 27. Aufl. 2015, Kap. 2 Rn 32 m.w.N.
[316] BGH v. 18.3.1993 – IX ZR 120/92 – BB 1993, 963 = DB 1993, 1284 = NJW 1993, 1779 = VersR 1993, 146, 1523 = WM 1993, 1376; BGH v. 29.10.1975 – VIII ZR 103/74 – NJW 1976, 234 = WM 1975, 1257; BGH v. 23.6.1965 – VIII ZR 201/63 – NJW 1965, 1757 (1759) = WM 1965, 871; OLG Koblenz v. 21.3.2002 – 5 U 908/01 – VersR 2003, 112.

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