Rz. 1440
Rz. 1441
Der gesamte aus einer unerlaubten Handlung entspringende Schaden stellt sich verjährungsrechtlich nicht als Summe einzelner selbstständiger, nicht zusammenhängender Schäden, sondern als Einheit dar, die alle Folgezustände umfasst, die im Zeitpunkt der Erlangung allgemeinen Wissens um den Schaden überhaupt nur als möglich vorauszusehen waren (Schadenseinheit). Der Schadenseintritt bei mehreren Schadensfolgen bestimmt sich für die Bestimmung der Verjährung anhand des Grundsatzes der Schadenseinheit.
Rz. 1442
Die Frist beginnt mit der Kenntnis des Schadens im Allgemeinen und umfasst alle – auch künftigen – Beeinträchtigungen und Schadenfolgen, deren Eintritt im Zeitpunkt der allgemeinen Schadenkenntnis nur als möglich voraussehbar waren. Es genügt, wenn bei allgemeiner Kenntnis vom Schaden Spätfolgen als möglich voraussehbar waren. Maßgeblich für den Verjährungsbeginn ist der Eintritt der ersten Schadensfolge. Treten später weitere Folgen hinzu, beginnt die Verjährung nicht von neuem. Die volle Übersehbarkeit des Umfanges und der Höhe des Schadens ist, da der Schaden eine Einheit darstellt, für den Verjährungsbeginn nicht erforderlich. Bei späten Schadenfolgen, die durch eine abgeschlossene unerlaubte Handlung entstehen, beginnt die Verjährungsfrist auch für nachträglich auftretende Verschlimmerungen, die im Zeitpunkt der Kenntnis vom Schaden als möglich vorhersehbar waren, mit diesem Zeitpunkt. Der Grundsatz der Schadenseinheit beruht auf den Geboten der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit.
Rz. 1443
Tritt eine als möglich voraussehbare Spätfolge ein, wird für sie keine selbstständige Verjährungsfrist in Lauf gesetzt. Dem Geschädigten ist es zuzumuten, sich schon aufgrund der Kenntnis von der haftungsbegründenden (Erst-)Schädigung durch eine Feststellungsklage bezüglich aller weiteren Schadensfolgen gegen Verjährung zu sichern. Zur Hemmung der Verjährung, die mit dem früheren Schadenseintritt begonnen hat, ist die Erhebung einer Feststellungsklage erforderlich.
Rz. 1444
Nur für Spätfolgen, die auch für Fachkreise nicht voraussehbar waren, weil sie nach anscheinend leichten Verletzungen später unerwartet auftreten, läuft seit ihrem Bekanntwerden und der Kenntnis des Kausalzusammenhanges mit dem Schadenereignis eine besondere Verjährungsfrist (auch § 5 Rdn 441). Der Grund für diese Sonderstellung eines Geschädigten liegt darin, dass er nach dem sich ihm zunächst zeigenden Schadenbild keine naheliegende Veranlassung hatte, sich über etwaig später eintretende Schäden von einem Fachkundigen beraten zu lassen oder zur Abwehr der Verjährung eine Feststellungsklage zu erheben.
Rz. 1445
Das gilt auch, wenn der Verletzte einige Zeit nach dem Unfallereignis in einen weiteren Unfall verwickelt wird und deshalb die Möglichkeit besteht, dass die späteren Schäden vom zweiten Unfall herrühren können. Die Verjährung läuft dann aber nicht erst ab Jahresultimo des Jahres der Erkenntnis, sondern ab dem Tag der tatsächlichen Kenntnis oder aber des Kennenmüssens.