Rz. 857

Drittleistungsträger können die auf sie übergegangenen Ansprüche durch Abfindungsvergleiche ebenso regeln wie der unmittelbar Verletzte selbst. Dieses gilt auch für den Regress nach § 119 SGB X (§ 119 Abs. 4 SGB X).[868]

 

Rz. 858

Der Geschädigte ist weder aus eigenem Recht noch in gewillkürter Prozessstandschaft (§ 3 Rdn 196) des SVT zur Geltendmachung von auf diesen nach § 119 SGB X übergegangenen Ansprüchen vor den Zivilgerichten prozessführungsbefugt.[869] Der RVT ist zur Durchsetzung des Anspruchs nach § 119 SGB X allein[870] aktivlegitimiert und fordert (aus fürsorgerischen Gründen[871]) aufgrund allumfassender[872] eigenverantwortlicher Einschätzung diejenigen Beiträge ein, die nach seiner Auffassung auch ohne das Unfallgeschehen auf das Rentenbeitragskonto geflossen wären. Eine (Rück-)Abtretung der Forderung an den unmittelbar Verletzten, damit dieser sich selbst um den Beitragsregress kümmert (z.B. weil der RVT dessen Einschätzung von Kausalität bzw. Haftung nicht teilt), ist unwirksam.[873]

 

Rz. 859

Die gesetzlich vorgesehene bzw. angeordnete Prüfung durch den Landes- oder Bundesrechnungshof nimmt den Behörden nicht die Befugnis zum Abschluss von Abfindungsvergleichen oder zur Abgabe von Schuldanerkenntnissen.[874]

 

Rz. 860

Auch die bloße Möglichkeit der künftigen Zuständigkeit eines anderen SVT oder sonstigen Drittleistungsträgers begrenzt nicht die Verfügungsbefugnis und Abschlussfähigkeit des aktuell forderungsberechtigten Drittleistungsträgers.[875]

[868] LSG Berlin-Brandenburg v. 19.8.2020 – L 16 R 655/18 – BeckRS 2020, 26674; LSG Baden-Württemberg v. 20.3.2007 – L 9 R 917/05 – BeckRS 2007, 44389 = NJOZ 2007, 337 = openJur 2012, 662043 (Revision [BSG – B 12 R 3/07 R] wurde von der Klägerin am 28.5.2008 im Termin zurückgenommen) m.w.N.); LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.6.2005 – L 13 RA 44/04 – BeckRS 2005, 42491 = Breith 2005, 939 = openJur 2011, 36628. Siehe auch OLG Naumburg v. 23.9.2008 – 9 U 146/07 – BeckRS 2008, 25874; OLG Naumburg v. 25.8.2006 – 10 U 30/06 – BeckRS 2007, 03099 = OLGReport 2007, 415 (§ 118 SGB X [Bindung der Gerichte] ist entsprechend auf einen vor einem Verwaltungs- oder Sozialgericht geschlossenen Vergleich anwendbar, da das Gesetz insoweit eine planwidrige Regelungslücke enthält. Konkret: Vergleich vor dem Sozialgericht nach den Streit zwischen mehreren UVT über letztendliche sachliche Zuständigkeit.). Siehe ergänzend Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadensersatzrecht, 4. Aufl. 2015, § 2 Rn 194 ff., 1621 ff.
[869] BGH v. 2.12.2003 – VI ZR 243/02 – MDR 2004, 573 (nur Ls.) = NJW-RR 2004, 595 = NZV 2004, 249 = r+s 2004, 175 = SVR 2004, 312 (nur Ls.) (Anm. Engelbrecht) = SVR 2004, 352 (Anm. Engelbrecht) = VersR 2004, 492 = VRS 106, 365 (Eine [Rück-]Abtretung der Forderung an den unmittelbar Verletzten ist unwirksam [Abtretungsverbot]); OLG Frankfurt v. 22.2.2010 – 16 U 146/08 – SP 2010, 220 = VRR 2010, 122; OLG Frankfurt v. 6.6.2012 – 15 U 178/09 – juris; LSG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2012 – L 4 R 266/11 – NZS 2012, 510 (nur Ls.). Siehe auch OLG Hamm v. 11.1.2021 – 11 U 33/20 – BeckRS 2021, 1949 = openJur 2021, 5562 (Rentenversicherungsträger ist nach § 119 SGB X verpflichtet, im Falle eines fremdverschuldeten Verdienstausfalls den Rentenminderungsschaden gegenüber dem einstandspflichtigen Haftpflichtversicherer geltend zu machen. Der Anspruch des Rentenversicherungsträgers gegen den Haftpflichtversicherer auf Beitragszahlung wird durch einen eventuellen Abfindungsvergleich zwischen Versicherer und Geschädigtem nicht berührt, da sich der Geschädigte mit dem Haftpflichtversicherer nur über Ansprüche einigen kann, die nicht bereits im Wege des gesetzlichen Forderungsübergangs auf den Sozialversicherungsträger übergegangen sind.).
[870] BGH v. 2.12.2003 – VI ZR 243/02 – MDR 2004, 573 (nur Ls.) = NJW-RR 2004, 595 = NZV 2004, 249 = r+s 2004, 175 = SVR 2004, 312 (nur Ls.) (Anm. Engelbrecht) = SVR 2004, 352 (Anm. Engelbrecht) = VersR 2004, 492 = VRS 106, 365 (Eine [Rück-]Abtretung der Forderung an den unmittelbar Verletzten ist unwirksam – Abtretungsverbot); LG Stuttgart v. 30.1.2008 – 4 S 70/07 – r+s 2008, 402; LSG Baden-Württemberg v. 20.3.2007 – L 9 R 917/05 – BeckRS 2007, 44389 = NJOZ 2007, 337 = openJur 2012, 662043 (Revision [BSG – B 12 R 3/07 R] wurde von der Klägerin am 28.5.2008 im Termin zurückgenommen) m.w.N.; LSG Celle-Bremen v. 28.9.2007 – L 1 R 142/07 – jurisPR-VerkR 12/2008, Anm. 6 (Anm. Jahnke) (Revisions-Az. BSG – B 5a R 128/07 R); LSG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2012 – L 4 R 266/11 – NZS 2012, 510 (nur Ls.) (Ein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch den RVT mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer kommt nicht mehr in Betracht, wenn es zu einem Abschluss eines Vergleichs zwischen dem RVT und dem Dritten bzw. dessen Haftpflichtversicherung gekommen ist, in dem weitere Ansprüche zwischen RVT und Haftpflichtversicherer wirksam ausgeschlossen wurden); LG Gera v. 19.6.2008 – 6 O 1457/07 – jurisPR-VerkR 16/2008, Anm. 5 (Anm. Jahnke) = r+s 2008, 4...

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