Rz. 336

Haftungsnormen sind diejenigen Normen, nach denen festgestellt wird, ob der Schädiger dem Geschädigten überhaupt zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist (sog. Haftung dem Grunde nach).

(1) Anspruchsbegründung

 

Rz. 337

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 218 ff., Rdn 224 ff.

 

Rz. 338

Zunächst ist festzustellen, ob überhaupt eine Verantwortlichkeit dem Grunde nach besteht: Nicht jeder, der wegen eines Haftpflichtgeschehens eine Vermögenseinbuße oder einen Schaden beklagt, hat auch einen dieses Begehren begründenden Anspruch.[402]

 

Rz. 339

Der Anspruchsgrund (Anlass der Schadenabwicklung) ist vielfältig wie das Leben überhaupt. Personenschäden entstehen nicht nur durch Kfz-Nutzung, auch Fahrradfahrer und Fußgänger können durch ihr Verhalten Anderen erhebliche Schäden zufügen. Neben tierischem Verhalten kann auch die Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zu Körperschaden führen. Schädigungen resultieren auch aus anderweitigen Ursachen- und Verantwortungsbereichen, so z.B. im Bereich der beruflichen Haftung (u.a. Fehler von Ärzten und Handwerkern), im betrieblichen Bereich (Unfälle u.a. durch fehlerbehaftete Aufbereitung des Arbeitsumfeldes durch Arbeitgeber oder Handlungen von Kollegen) oder im Bereich der Produkthaftung (Fehlerhaftigkeit von Objekten).

 

Rz. 340

Der Schadenersatz findet seine Anspruchsbegründung in den Haftpflichttatbeständen der

deliktischen Haftung (z.B. §§ 823 ff., 839 BGB),
Gefährdungshaftung (z.B. § 7 StVG),
vertraglichen Beziehung[403] (z.B. positive Vertragsverletzung [pVV], culpa in contrahendo [cic]).
[402] BGH v. 25.2.2014 – VI ZR 299/13 – NJW 2014, 2104 = NZV 2014, 401 = VersR 2014, 642; BGH v. 1.10.2013 – VI ZR 369/12 – DAR 2014, 23 (nur Ls.) = MDR 2014, 30 = NZV 2014, 167 = VersR 2014, 78; BGH v. 15.2.2011 – VI ZR 176/10 – MDR 2011, 422 = NJW-RR 2011, 888 = NZV 2011, 440 (nur Ls.) = RdL 2011, 151 = r+s 2011, 177 = VersR 2011, 546; BGH v. 8.11.2005 – VI ZR 332/04 – BGHReport 2006, 233 = JA 2006, 404 (nur Ls.) = MDR 2006, 569 = NJW 2006, 610 = NZV 2006, 195 (nur Ls.) = r+s 2006, 212 = VersR 2006, 233 (Es gibt Fälle, in denen ein Geschädigter zwar ein Unglück erleidet, gleichwohl aber – so hart dies im Einzelfall auch sein mag – dem Schädiger kein Unrecht vorhalten kann und seinen Schaden selbst tragen muss); BGH v. 15.7.2003 – VI ZR 155/02 – BGHReport 2003, 1200 = IVH 2003, 226 (nur Ls.) = MDR 2003, 1352 = NJW-RR 2003, 1459 = NZV 2004, 79 = r+s 2004, 390 = VersR 2003, 1319 = zfs 2003, 583; BGH v. 15.4.1975 – VI ZR 19/74 – VersR 1975, 812; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 28. Aufl. 2024, § 16 StVG Rn 1a; Jahnke, Der Verdienstausfall im Schadenersatzrecht, 4. Aufl. 2015, § 3 Rn 17 ff., 139 ff.; Jahnke/Burmann-Jahnke/Burmann, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 2 Rn 38 ff., Kap. 6 Rn 5120 ff.
[403] Ein Schutzpflichten begründendes Rechtsverhältnis ist nicht zwingend von einem Eintrittsentgelt abhängig. Ausreichend ist häufig, dass kontrollierter Zutritt gewährt wird (z.B. Flugschau zwecks Reklame für Luftwaffe).

(2) Rechtsnachfolger

 

Rz. 341

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 224 ff.

(a) Mittelbare Schädigung

 

Rz. 342

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 48 ff., 837 ff.

 

Rz. 343

Anlässlich eines Haftungsgeschehens erleiden nicht nur die unmittelbar Beteiligten (bzw. deren Hinterbliebenen) wirtschaftliche Einbußen, auch Drittleistungsträger (wie SVT, Arbeitgeber) sind ursächlich auf das Haftungsgeschehen rückführbar wirtschaftlich getroffen, da sie eigene – wegen ihrer mit dem unmittelbar Geschädigten verbundenen Rechtssituation – Leistungen erbringen müssen oder ihrerseits sogar originär weitergehende Vermögenseinbußen erleiden.[404]

 

Rz. 344

Drittleistende sind grundsätzlich nur mittelbar (und damit ohne Ersatzberechtigung) geschädigt und haben keine Ersatzansprüche aus eigenem Recht.

 

Rz. 345

Eigene originäre Anspruchsberechtigungen können resultieren z.B. aus § 110 SGB VII, Teilungsabkommen oder Verzug.[405]

[404] Jahnke/Burmann-Jahnke, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 6 Rn 5480 ff.
[405] Jahnke/Burmann-Jahnke, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 6 Rn 5480 ff.

(b) Nachweis

 

Rz. 346

Die Beweislastverteilung beim Anspruch des Direktgeschädigten gilt auch für dessen etwaige Rechtsnachfolger. Was jedem bei einer Abtretung einleuchtet, wird in der vielfach nicht durch Abtretung (privatrechtlicher Forderungsübergang), sondern vorwiegend durch gesetzliche Forderungsübergänge[406] (unjuristisch ausgedrückt "gesetzliche Zwangsabtretung") geprägten Regulierungspraxis immer wieder aus dem Auge verloren: Es geht eben nicht um Erstattung von dem Drittleistungsträger (z.B. Arbeitgeber) entstandenen Kosten oder Aufwendungen, sondern vielmehr um das Geltendmachen eines vom unmittelbar Verletzten erworbenen und danach auf seinen Rechtsnachfolger übergegangenen kongruenten Anspruchs.[407] Die Anforderungen an den Nachweis zu Anspruchsgrund und Schadenhöhe sind für den Rechte aus einer Legalzession Herleitenden (z.B. SVT nach § 116 SGB X) nicht anders, insbesondere nicht besser, als für seinen Versicherten, den unmittelbar Geschädigten; der BGH[408] h...

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