Rz. 196
Bei der Schadenabwicklung ist zwingend und strikt auseinander zu halten, ob es sich um Leistungen der Sozialversicherung (SVT) oder solche der Sozialhilfe (SHT) oder Eingliederungshilfeträger handelt.
Rz. 197
Sozialversicherer sind die gesetzliche Kranken- (seit 1883), Pflege- (seit 1995), Renten- (seit 1911) und Unfallversicherung (seit 1884). Die 1927 eingeführte Arbeitslosenversicherung ist im Rechtssinne keine Sozialversicherung. Den Träger der Eingliederungshilfe gibt es erst seit 1.1.2020.
Rz. 198
Rechtsgrundsätze, die für die Sozialversicherung entwickelt wurden, gelten definitiv nicht automatisch auch für die Sozialhilfe.
(1) Sozialversicherung (SVT)
Rz. 199
Die deutsche Sozialversicherung (§ 4 SGB I) ist ein gesetzliches als Solidargemeinschaft ausgeprägtes Versicherungssystem. Es bietet als Teil der sozialen Sicherung finanziellen Schutz vor Lebensrisiken und deren Folgen (wie Alter, Arbeitslosigkeit, Erwerbsunfähigkeit, Invalidität, Krankheit, Pflegebedürftigkeit, Unfall). Die (weitgehend verpflichtend) zu versichernden Risiken (Sozialversicherungszweige) werden weitgehend aus Beiträgen von Arbeitnehmern und Arbeitgebern finanziert, teilweise auch aus Steuermitteln, und stehen – mit Ausnahme der Krankenversicherung – in keinem Wettbewerbsverhältnis zueinander.
Rz. 200
SVT sind diejenigen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, die – außerhalb der Krankenversicherung – aufgrund von Zuweisungen für den jeweiligen Versicherten zuständig sind.
(2) Arbeitsagentur
Rz. 201
Die Arbeitsagentur ist kein SVT, aber als Sozialleistungsträger ihm vielfach angenähert (vgl. § 116 Abs. 10 SGB X), auch wenn einige Leistungsbereiche eher der Sozialhilfe nahestehen (z.B. ALG II). Der Bundesagentur für Arbeit kommt eine Zwitterstellung zu: Ein Teil ihrer Leistungen setzt ein Sozialversicherungsverhältnis voraus, während andere unabhängig davon erbracht werden.
(3) Sozialhilfe (SHT)
Rz. 202
Die Sozialhilfe (§§ 9, 28 SGB I, SGB XII) hat als öffentlich-rechtliche Sozialleistung im System der sozialen Sicherheit die Funktion einer Grundsicherung und setzt die staatliche Verpflichtung (Art. 20 Abs. 1 GG) um, einen Mindeststandard des menschenwürdigen Daseins sicherzustellen. Sozialhilfe (mit Ausnahme der Grundsicherung) setzt ein, sobald dem SHT bekannt wird, dass die Voraussetzungen für die Leistung vorliegen (§ 18 SGB XII); und zwar ohne dass es eines Antrages bedarf.
Rz. 203
SHT ist diejenige Institution, die für die Ausführung der Sozialhilfe zuständig ist und die in ihrem Zuständigkeitsbereich die Kosten der Sozialhilfe zu tragen hat (§ 28 Abs. 2 SGB I, § 3 SGB XII).
(4) Träger der Grundsicherung
Rz. 204
Den "Träger der Grundsicherung"“ gibt es seit dem 1.1.2005 nicht mehr. Nach §§ 8 Nr. 2, 41 ff. SGB XII ist die Grundsicherung eine vom örtlichen SHT (§ 98 Abs. 1 S. 2 SGB XII) zu erbringende Sozialhilfeleistung, für die seit dem 1.1.2005 § 116 SGB X mit allen Beschränkungen und Besonderheiten bei der Eintrittspflicht eines SHT gilt.
Rz. 205
§ 116 SGB X nennt als gesetzliche Zessionare "Versicherungsträger" und "Träger der Sozialhilfe", nicht aber einen "Träger der Grundsicherung i.S.d. GSiG". Die Gesetzesänderung in § 116 Abs. 10 SGB X zum 1.8.2006 zugunsten des "Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II“ gilt nicht für die zu diesem Zeitpunkt bereits nicht mehr existenten Träger der Grundsicherung nach dem GSiG."
(5) Träger der Eingliederungshilfe
Rz. 206
Das Recht der Eingliederungshilfe ist seit 1.1.2020 nicht mehr Bestandteil der Sozialhilfe im SGB XII, sondern im Teil 2 ...