Rz. 988
§ 393 BGB – Keine Aufrechnung gegen Forderung aus unerlaubter Handlung
Gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung ist die Aufrechnung nicht zulässig.
Rz. 989
§ 35 VVG – Aufrechnung durch den Versicherer
Der Versicherer kann eine fällige Prämienforderung oder eine andere ihm aus dem Vertrag zustehende fällige Forderung gegen eine Forderung aus der Versicherung auch dann aufrechnen, wenn diese Forderung nicht dem Versicherungsnehmer, sondern einem Dritten zusteht.
§ 121 VVG – Aufrechnung gegenüber Dritten
§ 35 ist gegenüber Dritten nicht anzuwenden.
aa) Schädiger
Rz. 990
Unzulässig ist die Aufrechnung gegen eine Forderung aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung (§ 393 BGB).
Rz. 991
Zu bedenken ist auch die Möglichkeit der Aufrechnung durch den Schädiger (versicherte Person des Haftpflichtversicherers) selbst, z.B. bei Mithaftung des anderen Unfallbeteiligten und fehlender Durchsetzbarkeit der Ansprüche. Diese Situation hat der Versicherte seinem Haftpflichtversicherer ausdrücklich zu verdeutlichen: Der Haftpflichtversicherer hat diese Aufrechnungslage außergerichtlich nicht ohne diesbezüglichen Hinweis zu unterstellen; eine Berücksichtigung kann aber prozessual durchaus sinnvoll sein (auch wenn es diesen Prozess dann nicht einfacher gestaltet).
Rz. 992
Beispiel 2.8
Motorradfahrer M und Fahrradfahrer F kollidieren. Der Fahrradfahrer ist Sozialhilfeempfänger ohne Haftpflichtversicherungsschutz. Beide Unfallbeteiligte, die den Unfall zu gleichen Teilen herbeigeführt haben, werden schwer verletzt.
M hat unter Berücksichtigung der Mitverantwortlichkeit einen Anspruch von 60.000 EUR gegen F, F umgekehrt seinerseits einen Anspruch von 20.000 EUR gegen M und dessen Versicherer V (Direktanspruch gemäß § 115 VVG, § 3 PflVG a.F.).
Ergebnis:
1. |
M rechnet mit seinen Ersatzforderungen gegenüber dem Anspruch des F auf, kann dann aber auf den Direktanspruch des F gegen seinen (M's) eigenen Kfz-Haftpflichtversicherer V zugreifen. Im Ergebnis zahlt dann V an M (und nicht an F) 20.000 EUR. |
2. |
Wegen seiner weiteren Forderung i.H.v. noch 40.000 EUR muss sich M unmittelbar an F halten. |
3. |
F erhält von V keine Leistung. |
Rz. 993
Steht dem Ersatzpflichtigen seinerseits eine Forderung gegenüber dem Ersatzberechtigten zu, kann Erfüllung auch im Wege der Aufrechnung erfolgen, solange dieses nicht gegen § 242 BGB verstößt. Wer bei Abschluss eines Vergleiches die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen er später gegenüber der auf den Vergleich gestützten Forderung eine Aufrechnungslage herleitet, darf eine Aufrechnung grundsätzlich nur dann geltend machen, wenn er sich dieses Recht im Vergleichsvertrag vorbehalten hat.
bb) Versicherer
Rz. 994
Auch der Haftpflichtversicherer kann unter Beachtung von § 242 BGB (Treu und Glauben) mit fälligen Versicherungsprämienforderungen aufrechnen (siehe auch §§ 35, 121 VVG).
Rz. 995
Es darf auch an eine andere Konzerngesellschaft der Anspruch frühzeitig abgetreten und von dieser (z.B. im Wege der Pfändung und Überweisung) dann gegen die den Abfindungsbetrag schuldenden Konzerngesellschaft durchgesetzt werden.