Rz. 231
Hinweis
Siehe auch Rdn 228, 260 ff.
Rz. 232
Die Schadenbearbeitung wird sachlich zunächst durch das Zusammentragen der erforderlichen Informationen (tatsächlicher Lebenssachverhalt) zu Haftungsgrund und Anspruchsvolumen und weniger durch die Beantwortung von Rechtsfragen bestimmt. Die Sachverhaltsaufklärung umfasst Aspekte zu Schadengrund und Schadenhöhe, aber auch zur Zuständigkeit und möglichen Leistungserbringung der in Betracht kommenden Drittleistungsträger.
Rz. 233
Die Ermittlungsakte enthält viele notwendige und weiterführende Informationen zur Regulierung. Spätestens nach Abschluss des Strafverfahrens ist die Ermittlungsakte noch einmal auf Vollständigkeit zu prüfen. Drittleistungsträger melden sich nicht selten erst Jahre nach dem Unfallgeschehen. Dann ist aber die Ermittlungsakte bei Gericht/Staatsanwaltschaft nicht selten nicht mehr auffindbar oder sogar vernichtet; teilweise endet die Aufbewahrungsfrist bereits fünf Jahre nach der letzten Entscheidung.
Rz. 234
Zum Schadenvolumen hat der Geschädigte vorzutragen. Ihn trifft die Darlegungs- und Beweislast, verbunden mit den Erleichterungen nach § 252 BGB, § 287 ZPO. Anzumerken ist, dass § 252 BGB, § 287 ZPO auch zugunsten des Schadenersatzpflichtigen wirken.
Rz. 235
Bei der Ermittlung des Umfanges der Verletzungen (§ 249 BGB) hat der Verletzte dadurch mitzuwirken, dass er aussagekräftige ärztliche Unterlagen zur Prüfung des Verletzungsumfanges beibringt bzw. dem Ersatzpflichtigen (bzw. dessen Versicherer) die notwendigen Schweigepflichtentbindungserklärungen zur Verfügung stellt. Lehnt ein Verletzter medizinische Begutachtungen ab, geht dies im Prozessfall zu seinen Lasten.
Rz. 236
Nicht jede vom Verletzten selbst bei Dritten eingeholte Stellungnahme (z.B. Steuerberater, Arzt, Beweissicherungsverfahren) ist hinsichtlich der entstandenen Kosten auch zu erstatten. Erforderlichkeit und Brauchbarkeit dieser Aussagen unterliegen mit Blick auf das Vorantreiben der außergerichtlichen Regulierung strenger Prüfung. Kosten beispielsweise für Steuer- oder Rentenberatung anlässlich der Schadenabwicklung sind regelmäßig mangels Erforderlichkeit i.S.v. § 249 BGB nicht zu erstatten.
Rz. 237
Erlangt der Versicherer im Vertrauen auf die Wirksamkeit einer zu weit gefassten und deshalb unwirksamen Schweigepflichtentbindung Informationen über den Gesundheitszustand des Verletzten, führt dies nicht zur Unverwertbarkeit dieser Erkenntnisse. Es erfolgt vielmehr eine Güterabwägung (§ 242 BGB), ob die gewonnenen Erkenntnisse in einen Rechtsstreit verwertet werden dürfen. Nicht jedes rechts- oder pflichtwidrige Verhalten des Versicherers führt stets oder auch nur regelmäßig zur Unzulässigkeit der hierdurch ermöglichten Wahrnehmung seiner Rechte. Vielmehr ist zunächst danach zu fragen, ob er die tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtsausübung (wie z.B. die Erlangung der erforderlichen Tatsachenkenntnis) gerade durch das beanstandete Verhalten zielgerichtet geschaffen hat, denn ein solch treuwidriges Verhalten kann dazu führen, ihm die Ausnutzung der so gewonnenen Rechtsstellung zu versagen. Lässt sich ein zielgerichtet-treuwidriges Handeln im vorgenannten Sinne nicht feststellen, ist alsdann durch eine umfassende Abwägung der maßgeblichen Umstände des Einzelfalls zu entscheiden, ob und inwieweit dem Versicherer die Ausübung seiner Rechtsposition nach Treu und Glauben verwehrt sein soll. Dies gilt umso mehr, wenn beiden Seiten ein Rechtsverstoß zur Last fällt. Letztlich kommt die materielle Gerechtigkeit zum Tragen. Auch nach Inkrafttreten des § 213 VVG ist in Fällen der Datenerhebung ohne ausreichende Rechtsgrundlage (insbesondere bei Nichtbeachtung der Vorgaben des § 213 Abs. 2 S. 2, Abs. 3, Abs. 4 VVG) sachlich-rechtlich zu prüfen, ob der Versicherer nach § 242 BGB gehindert ist, sich auf die Ergebnisse seiner Ermittlungen zu berufen und davon Gebrauch zu machen.
Rz. 238
Damit ein Sachverständiger ein ordnungsgemäßes Gutachten erstellen kann, sind ihm alle von ihm für erforderlich erachteten Erkenntnisquellen zugänglich zu machen. In einem Prozess hat das Gericht oder der beauftragte medizinische Sachverständige neben den Krankenunterlagen u.a. auch das Vorerkrankungsverzeichnis der Krankenkasse beizuziehen. Die Überprüfung der Angaben des Geschädigten durch die Anforderung des Vorerkrankungsregisters gehört zu den Standards ärztlicher Begutachtung.
Rz. 239
Es kann eine Verpflichtung bestehen, Einkommensteuererklärungen und -bescheide für vor dem Schadenfall liegende Jahre vorzulegen. Wenn das nicht ohne Aufdecken des Steuergeheimnisses des Geschädigten möglich ist, hat er diesen Nachteil auch im Rahmen des § 252 BGB hinzunehmen.
Rz. 240
Wird der Schaden durch Sachverständige ermittelt, hat der Ersatzpflichtige (Schädiger bzw. Haftpflichtversicherer) Anspruch darauf, dass ihm alle Angaben, die der Geschädigte dem Sachverständigen zur Gutachtenerstellung gemacht oder durch Einblick in Geschäftsunterl...