Rz. 1299
Der BGH hat dem Geschädigten für seine künftigen Ansprüche eine Einzugsermächtigung erteilt, u.a. mit der Konsequenz, dass der Schadenersatzpflichtige auch im Verlaufe der weiteren Regulierung mit befreiender Wirkung an den unmittelbar Anspruchsberechtigten zahlen kann. Der BGH begründet seine Entscheidung zum Zeitpunkt des Forderungsüberganges ("Absehbarkeit der Leistungspflicht des SHT") u.a. damit, dass ein bereits mit Eintritt des Schadens eintretender Forderungsübergang auf den SHT
Zitat
"in einer Vielzahl von Fällen, in denen es nie zu Sozialhilfeleistungen kommt, ohne sachlichen Grund eine Schadensregulierung, insbesondere in Form eines Abfindungsvergleiches, unmöglich machen oder zumindest erheblich erschweren würde."
Rz. 1300
Der BGH führt weiter aus:
Zitat
"Der Zweck der von der Subsidiarität der Sozialhilfe geprägten Einziehungsermächtigung besteht aber nach Auffassung des BGH darin, durch Realisierung des Ersatzanspruches gegenüber dem Schädiger den Eintritt der Hilfsbedürftigkeit und damit eine Inanspruchnahme des SHT zu vermeiden. Rechtshandlungen des Anspruchsberechtigten muss der SHT also nur soweit gegen sich gelten lassen, als sie durch diesen Einziehungszweck gedeckt sind."
Rz. 1301
Trotz der dem Anspruchsberechtigten für die Zukunft zugewiesenen Einzugsermächtigung ist es problematisch, ob diese auch das Recht erfasst, letztlich mit Wirkung gegen den SHT anstelle einer laufenden Leistung auch die einmalige Kapitalabfindung zu verlangen. Wird nach Verbrauch des erhaltenen Kapitalbetrages der Anspruchsberechtigte dann sozialhilfebedürftig, stellt sich die Frage des Regresses des SHT erneut.
Rz. 1302
Wird in einem Gerichtsverfahren (bei Bestehen eines wichtigen Grundes; vgl. §§ 843 Abs. 3, 844 Abs. 2 S. 1 Hs. 2 BGB) ein Anspruch auf Kapitalisierung bejaht – dieses ist in der Praxis selten (§ 1 Rdn 35 ff.) –, so muss man eine abschließende Wirkung auch gegenüber dem SHT annehmen. Die Interessenabwägung bei der Feststellung des wichtigen Grundes hat die Möglichkeit späterer Sozialhilfeansprüche mit einbeziehen.
Rz. 1303
Außerhalb des klagbaren Anspruches auf Kapitalabfindung ist die endgültige Fallabschließung durch Zahlung eines Kapitalbetrages risikobehaftet: Es besteht trotz und wegen der BGH-Rechtsprechung das Risiko, dass sich der Ersatzpflichtige gegenüber dem später eintrittspflichtigen SHT nicht auf die Abfindung berufen kann. Ist der Abfindungsbetrag nachvollziehbar und vor allem ausreichend (auch unter Einbeziehung des nunmehr die Sozialhilfeleistung auslösenden Risikos) kalkuliert, mag die Chance auf Bestand eines Abfindungsvergleiches bestehen; Risikovergleiche (vor allem bei problematischer Haftung oder schwieriger Zukunftsprognose) ohne konkrete Nachrechenbarkeit sind in ihrem Bestand aber deutlich eher gefährdet.