Rz. 516
§ 779 BGB – Begriff des Vergleichs, Irrtum über die Vergleichsgrundlage
(1) |
Ein Vertrag, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt wird (Vergleich), ist unwirksam, wenn der nach dem Inhalt des Vertrags als feststehend zugrunde gelegte Sachverhalt der Wirklichkeit nicht entspricht und der Streit oder die Ungewissheit bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden sein würde. |
(2) |
Der Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis steht es gleich, wenn die Verwirklichung eines Anspruchs unsicher ist. |
Rz. 517
Ein Abfindungsvergleich dient regelmäßig dazu, die Schadensersatzansprüche aus einem schädigenden Ereignis ganz oder teilweise zu erledigen. In Betracht kommen auf der Anspruchstellerseite der Geschädigte oder ein Drittleistungsträger (z.B. SVT); die Schädigerseite ist üblicherweise durch einen Haftpflichtversicherer vertreten.
I. Vertrag
Rz. 518
§ 130 BGB – Wirksamwerden der Willenserklärung gegenüber Abwesenden
(1) |
1Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. 2Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht. |
(2) |
Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird. |
(3) |
Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist. |
§ 145 BGB – Bindung an den Antrag
Wer einem anderen die Schließung eines Vertrags anträgt, ist an den Antrag gebunden, es sei denn, dass er die Gebundenheit ausgeschlossen hat.
§ 146 BGB – Erlöschen des Antrags
Der Antrag erlischt, wenn er dem Antragenden gegenüber abgelehnt oder wenn er nicht diesem gegenüber nach den §§ 147 bis 149 rechtzeitig angenommen wird.
§ 147 BGB – Annahmefrist
(1) |
1Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. 2Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachten Antrag. |
(2) |
Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. |
§ 148 BGB – Bestimmung einer Annahmefrist
Hat der Antragende für die Annahme des Antrags eine Frist bestimmt, so kann die Annahme nur innerhalb der Frist erfolgen.
§ 149 BGB – Verspätet zugegangene Annahmeerklärung
1Ist eine dem Antragenden verspätet zugegangene Annahmeerklärung dergestalt abgesendet worden, dass sie bei regelmäßiger Beförderung ihm rechtzeitig zugegangen sein würde, und musste der Antragende dies erkennen, so hat er die Verspätung dem Annehmenden unverzüglich nach dem Empfang der Erklärung anzuzeigen, sofern es nicht schon vorher geschehen ist.
2Verzögert er die Absendung der Anzeige, so gilt die Annahme als nicht verspätet.
§ 150 BGB – Verspätete und abändernde Annahme
(1) |
Die verspätete Annahme eines Antrags gilt als neuer Antrag. |
(2) |
Eine Annahme unter Erweiterungen, Einschränkungen oder sonstigen Änderungen gilt als Ablehnung verbunden mit einem neuen Antrag. |
§ 151 BGB – Annahme ohne Erklärung gegenüber dem Antragenden
1Der Vertrag kommt durch die Annahme des Antrags zustande, ohne dass die Annahme dem Antragenden gegenüber erklärt zu werden braucht, wenn eine solche Erklärung nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten ist oder der Antragende auf sie verzichtet hat.
2Der Zeitpunkt, in welchem der Antrag erlischt, bestimmt sich nach dem aus dem Antrag oder den Umständen zu entnehmenden Willen des Antragenden.
1. Gegenseitiger Vertrag
Rz. 519
Der außergerichtliche wie auch der gerichtliche Vergleich sind gegenseitige Verträge (§ 779 Abs. 1 BGB), auf den die Vorschriften des BGB über den Vertrag (insbesondere §§ 104 ff., 242 BGB) Anwendung finden. Auch Abfindungserklärungen sind keine einseitigen Erklärungen; es handelt sich vielmehr um (i.d.R. bilaterale) vertragliche Vereinbarungen eines Vergleiches i.S.v. § 779 Abs. 1 BGB.
Rz. 520
Durch einen Vergleich wird das ursprüngliche Schuldverhältnis nicht dergestalt umgestaltet, dass die alte Forderung untergeht und eine neue Forderung an ihre Stelle tritt (keine schuldumschaffende Wirkung) (siehe § 5 Rdn 897). Das alte Rechtsverhältnis besteht vielmehr grundsätzlich unverändert fort, sofern von den Parteien nicht etwas anderes vereinbart wurde.
Rz. 521
Nichtig ist u.a. ein mit einem Geschäftsunfähigen (§ 104 BGB) bzw. bei nur vorübergehender Störung der Geistestätigkeit (§ 105 Abs. 2 BGB) geschlossener Vergleich.
Rz. 522
Ein auf einem (Prozess-)Betrug beruhender Vergleich ist nichtig.
Rz. 523
Für die Abänderung gelten die allgemeinen Grundsätze (dazu Rdn 1339 ff.).