(1) Unaufgeforderte Information
Rz. 282
Den Schadenersatzberechtigten trifft die originäre Verpflichtung, von sich aus und unaufgefordert schadenkongruente Leistungen von dritter Seite zeitnah offen zu legen (und bei seinen Ersatzforderungen mindernd gegenzurechnen), ferner auf bei Drittleistungsträgern (insbesondere Sozialversicherungsträgern) gestellte Leistungsanträge und deren Bescheidungsstand hinzuweisen (siehe auch Rdn 500 ff., 549 f.). Wie bei jedem Vertrag bestehen auch beim Abschluss eines Vergleichs besondere vorvertragliche Pflichten, deren Verletzung grundsätzlich zur Schadenersatzpflicht führt (§§ 311, 241 Abs. 2 BGB). Der Verstoß gegen diese Obliegenheit hat nicht nur zivilrechtliche, sondern u.U. auch strafrechtliche Konsequenzen (Rdn 290 ff.).
Rz. 283
Diese Pflichten gelten gegebenenfalls (auch) für seine gesetzlichen bzw. gewillkürten Vertreter (wie Eltern, Pfleger, Anwalt).
(2) Gesetzliches Schuldverhältnis
Rz. 284
Das durch eine unerlaubte Handlung entstandene Schadenersatzverhältnis begründet ein gesetzliches Schuldverhältnis zwischen Ersatzpflichtigem und Ersatzberechtigtem. Bei dessen Abwicklung kommt auch § 278 BGB (i.V.m. § 254 Abs. 2 S. 2 BGB) zur Anwendung und bindet damit gesetzliche Vertreter (wie Eltern, Vormund, Pfleger) und gewillkürte Vertreter (wie Rechtsanwalt) in die Haftungsbeziehung ein.
Rz. 285
Fehlinformationen und Nicht-Informationen (z.B. zu erhaltenen, bewilligten oder beantragten Drittleistungen) seitens des Anspruchstellers (Ersatzgläubiger) im Rahmen der Regulierung begründen Schadenersatzforderungen des Schadenersatzpflichtigen (positive Forderungsverletzung; § 280 Abs. 1 BGB, gegebenenfalls i.V.m. § 278 BGB). Die Offenlegung von forderungsrelevanten Umständen (wie Wechsel der Forderungsberechtigung mit Rücksicht auf Drittleistungen) gehört zu den Hauptnebenpflichten bei der Schadenregulierung.
(3) Nachfragepflicht
Rz. 286
Gesetzliche (u.a. Eltern) und gewillkürte Vertreter (wie mandatierter Anwalt) haben eigene Nachforschungspflichten.
Rz. 287
Die Nachfrageverpflichtung (insbesondere Anwalt beim Mandanten) ist nicht auf den Tag der ersten Anspruchsverfolgung (oder beim Anwalt der Mandatsübernahme) beschränkt, sondern eine während der gesamten Zeit der Schadenabwicklung bzw. der Mandantenbetreuung wiederholt auftauchende Pflicht, sich über den aktuellen Stand der Aktivlegitimation des Anspruchsberechtigten (wie verletztes Kind bzw. Mandant) zu vergewissern (Aktualisierungspflicht).
(4) Vertreterhaftung
Rz. 288
Anwaltliches Fehlverhalten kann nicht nur Ansprüche des Mandanten tangieren (zur Wissensvertretung Rdn 463, Rdn 926 ff., Rdn 943; § 3 Rdn 189; § 5 Rdn 455 ff., § 5 Rdn 498). Übernimmt der Anwalt ein Mandat zur Anspruchsverfolgung von Ersatzansprüchen, hat er auch Verpflichtungen gegenüber dem Schadenersatzschuldner (und dessen Haftpflichtversicherer).
Rz. 289
Für den Rechtsvertreter kann eine eigenständige Haftung begründet sein/werden (siehe §§ 164, 311 Abs. 3 i.V.m. 280 Abs. 1 BGB; siehe auch Rdn 943). § 166 BGB fügt die Repräsentationstheorie in das Stellvertreterrecht ein, damit eine Schlechterstellung des Geschäftspartners (das ist im Rahmen eines gesetzlichen Schuldverhältnisses der Schadenersatzverpflichtete) vermieden wird. Die begleitende Sachwalterhaftung des zur Schadenregulierung einbezogenen anwaltlichen Vertreters kann dabei gerade aus seiner Profession resultieren; bezogen auf das Nicht-Berücksichtigen von Forderungswechseln zugunsten von Drittleistungsträgern kann die anwaltliche Haftung auch aus einem eigenwirtschaftlichen Interesse (Streitwerterhöhung) folgen. Begleitet wird dies von der prozessualen Wahrheitspflicht (§ 138 ZPO; auch Rdn 291 ff.).
Rz. 290
Die anwaltliche Vertretung eines Geschädigten kann sich im Verhältnis zum Haftpflichtversicherer des Sc...