aa) Grundsatz
Rz. 54
Für die Schadenregulierung – und damit insbesondere für die Forderungsberechtigung (Aktivlegitimation) – ist festzustellen,
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welche Ansprüche |
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zu welchem Zeitpunkt |
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welcher Person
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d.h., dem unmittelbar Verletzten (bei Tötung seinen Hinterbliebenen) oder |
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einem anderem Forderungsberechtigten, der seine Rechte von diesem ableitet (z.B. Legalzession, Abtretung, Pfändung), |
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in welcher Höhe |
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für welchen Zeitraum |
zustehen.
Rz. 55
Wer noch nicht in ein Versorgungssystem als Versicherter oder mitversicherte Person eingebunden ist bzw. war, bleibt dann auch häufig noch länger Inhaber derjenigen Schadenpositionen, zu denen dann zu späteren Zeitpunkten Drittleistungsträger kongruente Leistungen erbringen. Es ist daher stets zu schauen, in welches Versorgungssystem der Verletzte/Getötete im Unfallzeitpunkt eingebettet war und welche Veränderungen sich bis zum Zeitpunkt einer Abfindung ergaben. Besondere Aufmerksamkeit verdient der Unfall von Kindern und Jugendlichen, aber auch von Beamten.
bb) Prüfung
Rz. 56
Anlässlich eines Schadenfalles erbringen neben dem Ersatzpflichtigen häufig auch Dritte (wie Kaskoversicherung, Sozialversicherung, Arbeitgeber) Leistungen, wobei die Leistungsverpflichtung dann häufig mit einem Wechsel der Forderungsberechtigung einhergeht. Es ist regelmäßig darauf zu achten, ob der Direktgeschädigte hinsichtlich derjenigen Forderungsposition, die er selbst und unmittelbar vom Schädiger einfordert, noch forderungsberechtigt oder ob die zugrundeliegende Forderung bereits auf einen Drittleistenden übergegangen ist.
Rz. 57
Wer eine Rechtsgutverletzung behauptet und daraus resultierenden Schadenersatz fordert, hat bei Geltendmachung seiner Forderungen alle anspruchsbegründenden Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Dazu zählt auch der Nachweis der aktuellen Rechtsinhaberschaft (Aktivlegitimation), begründet entweder originär oder im Wege des Forderungswechsels. Siehe ergänzend Rdn 61, 1316 ff. und § 3 Rdn 44 ff.
Rz. 58
Bei der Regulierung sind Forderungsübergänge und etwaige künftige Leistungen von dritter Seite (SVT, Arbeitgeber, Dienstherr, sonstige Drittleistungs- und Versorgungsträger) zu berücksichtigen (dazu § 1 Rdn 616 ff. mit Übersicht 1.9 [§ 1 Rdn 618]). Hervorzuheben ist die Unübersichtlichkeit des Versorgungssystems, das weder einheitliche Forderungsübergänge noch stets gleichmäßiges Verteilen von Gläubigerleistungen kennt (Rdn 87).
Rz. 59
Gerade mit Blick auf die vielfältigen, häufig auch erst später anfallenden, Drittleistungen ist regelmäßig – und mit Fortschreiten der Regulierung immer wieder neu – zu prüfen, ob der Fordernde (unmittelbar Verletzter, Drittleistungsträger) auch tatsächlich schon, immer noch oder schon wieder Inhaber der reklamierten Forderung ist: Es handelt sich dabei um keinen statischen, sondern um einen dynamischen Prozess; der Fragestellung ist also immer wieder neu nachzugehen.
cc) Prozessuales
Rz. 60
Veränderungen sind prozessual u.U. noch bis zur letzten mündlichen Verhandlung einzubeziehen. Eine gerichtliche Hinweispflicht auf die Möglichkeiten einer gewillkürten Prozessstandschaft (§ 3 Rdn 196) oder einer Abtretung des Schadensersatzanspruchs besteht nicht. Wichtig sind u.a. die zur Aktivlegitimation aufgezeigten Aspekte (Rdn 276 ff., § 3 Rdn 44 ff., 117 ff., 181 ff., 196 ff., § 5 Rdn 713 ff., 836 ff.).
Rz. 61
Bei der Geltendmachung seiner Ersatzansprüche hat der Fordernde alle anspruchsbegründenden Voraussetzungen zu beweisen, dazu gehört vor allem auch seine aktuelle Aktivlegitimation (Rdn 57). Fehlt die Aktivlegitimation und stellt sich dies im Verlaufe eines Prozesses heraus, ist die Klage unschlüssig. Dieser Umstand kann zu einer Haftung des Anwaltes führen. Zum Forderungswechsel – und damit dem Verlust der Aktivlegitimation – siehe auch die Nachweise zu Rdn 60 sowie § 3 Rdn 194 ff.
Rz. 62
Für den unmittelbar Geschädigten besteht eine Einziehungsermächtigung, aufgrund derer er befugt ist, die Forderun...