Rz. 1319

Die Sicherstellung der Altersrentenbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist dem RVT (aus fürsorgerischen Gründen[1350]) alleinzuständig[1351] und allumfassend[1352] treuhänderisch überantwortet. Der RVT ist zur Durchsetzung des Anspruchs nach § 119 SGB X allein aktivlegitimiert und fordert aufgrund eigenverantwortlicher Einschätzung diejenigen Beiträge ein, die nach seiner Auffassung auch ohne das Unfallgeschehen auf das Rentenbeitragskonto geflossen wären. Eine (Rück-)Abtretung der Forderung an den unmittelbar Verletzten, damit dieser sich selbst um den Beitragsregress kümmert (z.B. weil der RVT dessen Einschätzung von Kausalität bzw. Haftung nicht teilt), ist unwirksam.[1353]

 

Rz. 1320

Das LG Kiel[1354] fasst die beim Rentenversicherer zu berücksichtigenden Aspekte zutreffend wie folgt zusammen:

Zitat

1.

Ist der Geschädigte zum Zeitpunkt des Schadensereignisses noch nicht rentenversicherungspflichtig, gehen die Schadensersatzansprüche des Geschädigten nicht bereits am Unfalltag, sondern erst mit der Begründung der Mitgliedschaft des Geschädigten in der Rentenversicherung auf den RVT über.

Bei einem Geschädigten, der erst später pflichtversichert wird, erfolgt der Übergang des Anspruchs auf Ersatz von Beiträgen zur Rentenversicherung gemäß § 119 I 1 SGB X erst mit der Zahlung des ersten Pflichtbeitrages.

2.

Der RVT übernimmt die Schadensersatzforderung gemäß §§ 404, 412 BGB in demjenigen Zustand, in dem sie sich zum Zeitpunkt des gesetzlichen Forderungsübergangs befindet. Hat zum Zeitpunkt des Forderungsübergangs der Lauf der Verjährungsfrist begonnen, übernimmt der RVT den übergegangenen Schadensersatzanspruch mit der bereits begonnenen, laufenden Verjährung.

Ist die Verjährung im Zeitpunkt des Forderungsübergangs durch Verhandlungen gehemmt, endet der Hemmungstatbestand mit Übergang auf den RVT, sofern er selbst keine Verhandlungen mit dem Schadensersatzpflichtigen führt.

Wurde der Lauf der Verjährung bereits vor dem Forderungsübergang durch Kenntniserlangung des Geschädigten in Gang gesetzt, geht die Forderung in diesem Zustand auf den RVT über.“

[1350] LSG Baden-Württemberg v. 30.1.2014 – L 7 R 4417/11 – BeckRS 2014, 66327 = openJur 2014, 7382. Plagemann/Plagemann in Festschrift für Grüner, S. 421, 442.
[1351] BGH v. 2.12.2003 – VI ZR 243/02 – MDR 2004, 573 (nur Ls.) = NJW-RR 2004, 595 = NZV 2004, 249 = r+s 2004, 175 = SVR 2004, 312 (nur Ls.) (Anm. Engelbrecht) = SVR 2004, 352 (Anm. Engelbrecht) = VersR 2004, 492 = VRS 106, 365 (Eine [Rück-]Abtretung der Forderung an den unmittelbar Verletzten ist unwirksam – Abtretungsverbot); LG Stuttgart v. 30.1.2008 – 4 S 70/07 – r+s 2008, 402; LSG Baden-Württemberg v. 20.3.2007 – L 9 R 917/05 – BeckRS 2007, 44389 = NJOZ 2007, 3373 (Revision [BSG – B 12 R 3/07 R] wurde von der Klägerin am 28.5.2008 im Termin zurückgenommen) m.w.N.; LSG Celle-Bremen v. 28.9.2007 – L 1 R 142/07 – jurisPR-VerkR 12/2008, Anm. 6 (Anm. Jahnke) (Revisions-Az. BSG – B 5a R 128/07 R); LSG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2012 – L 4 R 266/11 – NZS 2012, 510 (nur Ls.) (Ein Anspruch auf eine "Wiederaufnahme" des Beitragsregressverfahrens durch den RVT mit dem gegnerischen Haftpflichtversicherer kommt nicht mehr in Betracht, wenn es zu einem Abschluss eines Vergleichs zwischen dem RVT und dem Dritten bzw. dessen Haftpflichtversicherung gekommen ist, in dem weitere Ansprüche zwischen RVT und Haftpflichtversicherer wirksam ausgeschlossen wurden); LG Gera v. 19.6.2008 – 6 O 1457/07 – jurisPR-VerkR 16/2008, Anm. 5 (Anm. Jahnke) = r+s 2008, 400 (Anm. Jahnke).
[1352] OLG Celle v. 27.6.2012 – 14 U 193/10 – BeckRS 2012, 24388 = VersR 2013, 1052; LSG Nordrhein-Westfalen v. 28.3.2001 – L 8 RJ 143/00 – BeckRS 2001, 17277 (Vorinstanz zu BSG v. 31.1.2002 – B 13 RJ 23/01 R – Breith 2002, 836 = BSGE 89, 151 = HVBG-Info 2002, 1505 = MittLVA Oberfr 2002, 283 = NZA 2002, 894 = NZS 2002, 661 = SGb 2002, 275) (Durch den Anspruchsübergang kann der Versicherte vom Schädiger keine Zahlung an sich selbst verlangen; sein Rentenschaden wird allein durch die Beitragsverpflichtung des Schädigers ausgeglichen); LSG Rheinland-Pfalz v. 11.1.2012 – L 4 R 266/11 – NZS 2012, 510. Jahnke/Thinesse-Wiehofsky, Unfälle mit Kindern und Arzthaftung bei Geburtsschäden, 1. Aufl. 2013, § 3 Rn 147 f. m.w.H.; Wenzel-Engelbrecht, Der Arzthaftungsprozess, 2. Aufl. 2024, Teil 19 Kap. 122 Rn 2 ff.; Wenzel-Stahl, Der Arzthaftungsprozess, 1. Aufl. 2012, Kap. 5 Rn 284 f.
[1353] BGH v. 2.12.2003 – VI ZR 243/02 – MDR 2004, 573 (nur Ls.) = NJW-RR 2004, 595 = NZV 2004, 249 = r+s 2004, 175 = SP 2004, 245 = SVR 2004, 312 (nur Ls.) (Anm. Engelbrecht) = SVR 2004, 352 (Anm. Engelbrecht) = VersR 2004, 492 = VRS 106, 365.
[1354] LG Kiel v. 22.12.2020 – 5 O 84/20 – BeckRS 2020, 51350 = VersR 2021, 1324. Siehe ergänzend Jahnke/Burmann-Jahnke/Burmann, Handbuch Personenschadensrecht, 2. Aufl. 2022, Kap. 6 Rn 1315 ff., 6161 ff., 6471 ff., 6476 ff. m.w.H.

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