Rz. 794
Schließt der Vormund einen Abfindungsvergleich oder einen die weitere Abwicklung regelnden Vertrag (z.B. Vereinbarung einer Haftungsquote, Rentenvergleich) ohne die erforderliche Genehmigung des Familien-/Betreuungsgerichts, bedarf der Vertrag zu seiner Wirksamkeit der nachträglichen Genehmigung des Familien-/Betreuungsgerichts (§ 1829 Abs. 1 S. 1 BGB).
Rz. 795
§ 184 BGB – Rückwirkung der Genehmigung
(1) |
Die nachträgliche Zustimmung (Genehmigung) wirkt auf den Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts zurück, soweit nicht ein anderes bestimmt ist. |
(2) |
Durch die Rückwirkung werden Verfügungen nicht unwirksam, die vor der Genehmigung über den Gegenstand des Rechtsgeschäfts von dem Genehmigenden getroffen worden oder im Wege der Zwangsvollstreckung oder der Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter erfolgt sind. |
§ 1855 BGB – Erklärung der Genehmigung (Fassung ab 1.1.2023)
Das Betreuungsgericht kann die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft nur dem Betreuer gegenüber erklären.
§ 1856 BGB – Nachträgliche Genehmigung (Fassung ab 1.1.2023)
(1) |
1Schließt der Betreuer einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung des Betreuungsgerichts, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der nachträglichen Genehmigung des Betreuungsgerichts ab. |
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2Die Genehmigung sowie deren Verweigerung wird dem anderen Teil gegenüber erst wirksam, wenn ihm die wirksam gewordene Genehmigung oder Verweigerung durch den Betreuer mitgeteilt wird. |
(2) |
Fordert der andere Teil den Betreuer zur Mitteilung darüber auf, ob die Genehmigung erteilt sei, so kann die Mitteilung der Genehmigung nur bis zum Ablauf des zweiten Monats nach dem Empfang der Aufforderung erfolgen; wird die Genehmigung nicht mitgeteilt, so gilt sie als verweigert. |
(3) |
Soweit die Betreuung aufgehoben oder beendet ist, tritt die Genehmigung des Betreuten an die Stelle der Genehmigung des Betreuungsgerichts. |
Rz. 796
§ 1828 BGB a.F. – Erklärung der Genehmigung
Das Familiengericht kann die Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft nur dem Vormund gegenüber erklären.
§ 1829 BGB a.F. – Nachträgliche Genehmigung
(1) |
1Schließt der Vormund einen Vertrag ohne die erforderliche Genehmigung des Familiengerichts, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der nachträglichen Genehmigung des Familiengerichts ab. 2Die Genehmigung sowie deren Verweigerung wird dem anderen Teil gegenüber erst wirksam, wenn sie ihm durch den Vormund mitgeteilt wird. |
(2) |
Fordert der andere Teil den Vormund zur Mitteilung darüber auf, ob die Genehmigung erteilt sei, so kann die Mitteilung der Genehmigung nur bis zum Ablauf von 4 Wochen nach dem Empfang der Aufforderung erfolgen; erfolgt sie nicht, so gilt die Genehmigung als verweigert. |
(3) |
Ist der Mündel volljährig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Familiengerichts. |
Rz. 797
Nicht selten kennen die Vertragsparten, deren Anwälte – aber auch Gerichte – die Beschränkungen und Formalien des Genehmigungsverfahrens nicht. Für die nachträgliche Genehmigung eines Vergleiches durch das Familien-/Betreuungsgericht ist der gesetzlich vorgeschriebene Verfahrensgang zu beachten (§§ 1855, 1856 BGB [§§ 1828, 1829 BGB a.F.]):
Rz. 798
Abbildung 2.5: Familien-/betreuungsgerichtliche Genehmigung (Verfahren)
Vertragsschluss |
→ |
Antrag |
→ |
gerichtliche Genehmigung |
→ |
Mitteilung des Vormundes |
Vertragsschluss ohne familien-/betreuungsgerichtliche Genehmigung |
Beantragung der familien-/betreuungsgerichtlichen Genehmigung |
Erteilung der Genehmigung des Familien-/Betreuungsgerichtes gegenüber dem Vormund |
Mitteilung der familien-/betreuungsgerichtlichen Genehmigung durch den Vormund an den Schadenersatzpflichtigen |
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§ 1856 Abs. 1 S. 1 BGB (§ 1829 Abs. 1 S. 1 BGB a.F.) |
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§ 1855 BGB (§ 1828 BGB a.F.) |
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§ 1856 Abs. 1 S. 2 BGB (§ 1829 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.) |
Rz. 799
Seine Genehmigung kann das Familien-/Betreuungsgericht ausschließlich dem Vormund gegenüber erklären (§ 1855 BGB [§ 1828 BGB a.F.]). Der Vormund muss dem Schadenersatzschuldner (Haftpflichtversicherer) die ihm (dem Vormund, § 1855 BGB [§ 1828 BGB a.F.]) erteilte Genehmigung des Familien-/Betreuungsgerichtes (formlos) mitteilen (§ 1856 Abs. 1 S. 2 BGB [§ 1829 Abs. 1 S. 2 BGB a.F.]) und dadurch verdeutlichen, dass er die Entscheidung des Familien-/Betreuungsgerichtes als endgültig erachtet; diese Mitteilung nach § 1856 BGB (§ 1829 BGB a.F.) ist unverzichtbarer Wirksamkeitsbestandteil. Die ursprüngliche (mangels gerichtlicher Genehmigung unwirksame) Erklärung reicht nicht; der Vormund muss vielmehr erneut nach Zustimmung des Familien-/Betreuungsgerichtes deutlich machen, dass auch er dem Vergleich zustimmt.
Rz. 800
Diese Regelungen für den Vormund gelten auch für Betreuer und Pfleger.