Rz. 297
Die Fragestellungen differieren, je nachdem, ob es konkret geht um
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die Abwicklung von Ansprüchen anlässlich eines Verletzungsfalls oder |
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solche im Fall einer Tötung; in letzterer Situation mischen sich häufig beide Aspekte (die es dann gilt, rechtlich sauber auseinander zu halten). |
Rz. 298
Ein Schadenfall kann nicht erledigt werden, ohne dass sich die an der Abwicklung Beteiligten über (bereits gewährte, vielleicht beantragte [aber nicht beschiedene] oder vielleicht künftig erst denkbare/mögliche) Drittleistungen unterhalten haben. Hier spielt u.a. das Geflecht der Aktivlegitimationen eine gewichtige Rolle für Entscheidungen der Parteien; dabei werden nicht zuletzt die beteiligten Anwälte nachhaltig in ihre Verantwortung genommen (Rdn 275 ff.).
Rz. 299
Aufzuklären und positiv zu beantworten ist (insbesondere von Anspruchstellerseite) die Einbindung in (frühere, aktuelle, aber auch [und das macht es kompliziert] künftige) Versorgungssysteme und deren Leistungsgefüge. Nicht einfach – gleichwohl von Anspruchstellerseite umfassend aufzuklären – ist die Situation im Todesfall.
Rz. 300
Gerade im Fall der Tötung sind einerseits die Versorgungsbeziehungen des Verstorbenen (die dieser selbst aufgebaut hat) in ihrer Rechtsbeziehung zu anderseits denjenigen rechtlichen Beziehungen zu sehen, welche die Hinterbliebenen ihrerseits bei Ableben eines Dritten haben. Dabei gilt es aber auch, die Abgrenzung zum mittelbaren Schaden im Blick zu behalten. Erforderlich ist insbesondere auch die Aufklärung der Anspruchssituation der Hinterbliebenen gegenüber Drittleistungsträgern aufgrund eigener Vorsorge/Rechtsstellung; gerade länger zurückliegenden Beitrags- und Versorgungsbeziehungen ist an dieser Stelle nachzugehen.
Rz. 301
Soweit der Ersatzschuldner leistet, kann dieser vielfach auf seine erfüllende Leistung an einen Nicht-Berechtigten (§§ 407, 412 BGB) verweisen. Der nicht-berechtigte Leistungsempfänger sieht sich dann allerdings mit dem Rückforderungsanspruch des Drittleistungsträges konfrontiert.
Rz. 302
Übersicht 2.11: Informationen154
Informationen zu |
Aspekte |
Verletzungsfall |
Tötungsfall |
Schadenhergang |
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Haftung und etwaige Mitverantwortung der Unfallbeteiligten.
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Zeitnahe Besichtigung der Unfallörtlichkeit. |
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Zeitnahe Feststellungen zu Nutzung von Sicherungseinrichtungen. |
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Beiziehung der vollständigen (im Verlaufe der Regulierung dann zu vervollständigenden) Ermittlungsakte (Rdn 233). |
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Verschuldenshaftung, Gefährdungshaftung? |
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Weitere Haftpflichtige?
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Gesamtschuld oder (u.U. nur teilweise) Einzelschuld? |
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Beteiligung von Haushaltsangehörigen (Rdn 302, dort Fn 284, Fn 281) oder beruflich verbundenen Personen? |
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Verweisung bei Versicherungsschutzversagung (§ 117 VVG)? |
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Bestehen von gesetzlichem Unfallversicherungsschutz? |
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versicherungsrechtliche Aspekte (Durchsetzung von Haftungs- und Drittleistungsansprüchen) |
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Aufklärung der Vermögenslage des Schadenersatzpflichtigen:
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Eigenes Vermögen des Ersatzpflichtigen? |
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Bestehen einer Haftpflichtversicherung?
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Welche? |
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In welchem Umfang? |
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Vorleistungspflicht einer Pflichtversicherung bei fehlender Deckung?
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Beschränkung auf Mindestversicherungssumme? |
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Herabsetzung einer höheren vertraglichen Deckungssumme (z.B. wegen Obliegenheitsverletzung) auf die Mindestversicherungssumme? |
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Ohne (möglichst vollständige) Kenntnis von vergangenen, gegenwärtigen und künftig erwartbaren Drittleistungen kann eine korrekte Schadenregulierung nicht erfolgen. Zu diesen Aspekten ist der Anspruchsteller darlegungs- und beweisbelastet. Siehe Einzelheiten zu
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<Systemeinbindung> |
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< Versorgungsträger, Drittleistungsträger> |
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Einbindung des Verletzten in ein Drittversorgungssystem (eigene Vorsorge)? |
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Einbindung des Verstorbenen in ein Drittversorgungssystem? |
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Einbindung des Verletzten in ein Drittversorgungssystem infolge Einbindung durch fremde Systeme (z.B. familiäre Mitversicherung; beamtenrechtliche Einbeziehung)? |
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Einbindung der unterhaltsberechtigten Hinterbliebenen in eigene Drittversorgungssysteme? |
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persönliche Verhältnisse |
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Information, in welchem familiären/sozialen Verhältnis der Geschädigte (Anspruchsteller; auch anspruchsberechtigter Hinterbliebener) zum (bzw. zu einem der mehreren) Schädiger steht (Angehörigenprivileg), wobei nach § 86 VVG auch die wohnlichen Verhältnisse Berücksichtigung finden. |
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Auch eine spätere Begründung des Angehörigenprivilegs ist möglich. |
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verletzte Person:
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Alter (Geburtsdatum) |
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Geburtsland/Geburtsort |
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Geschäftsfähigkeit
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Pflegschaft bestellt bzw. abbestellt? |
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Betreuung eingerichtet? |
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Umfang? |
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verstorbene Person:
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Alter (Geburtsdatum) |
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Geburtsland/Geburtsort |
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Ausbildungsstand (Schulausbildung, Berufsausbildung, Studienfach) |
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Beruf (frühere Tätigkeit, beruflicher Vorlauf) |
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Familienstand (verheiratet, ledig, getrennt lebend, geschieden; nicht-eheliche Gemeinschaft) |
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