Rz. 937

 

Hinweis

Zur Feststellungsklage siehe § 3 Rdn 23 ff.

aa) Allgemeines

 

Rz. 938

Erfordert der konkrete Fall eine Sicherung der noch nicht abgewickelten, zukünftig aber befürchteten Ansprüche, kann der Schadenersatzverpflichtete zur Vermeidung der prozessualen Absicherung mittels Feststellungsurteils entweder durch vertragliche Vereinbarung oder einseitige Erklärung den Ersatzberechtigten so stellen, als habe dieser ein Feststellungsurteil erhalten. Dieses Ziel, dem Anspruchsberechtigten eine Feststellungsklage zu ersparen, muss deutlich werden.[809] Dem Ersatzberechtigten fehlt dann für ein prozessuales Vorgehen das Rechtsschutzbedürfnis.[810]

 

Rz. 939

Es handelt sich bei der vertraglichen Ersetzung nicht um ein konstitutives Anerkenntnis im Sinne der Schaffung eines eigenständigen, neben den eigentlichen Grund (Unfallereignis) tretenden Schuldgrundes.[811]

[809] OLG Karlsruhe v. 10.3.2000 – 10 U 271/99 – VersR 2001, 1175; OLG Saarbrücken v. 14.11.2006 – 4 U 227/06 – 68 – SP 2007, 392; LG Köln v. 30.11.2005 – 13 S 221/05 – VersR 2006, 965 (Feststellungsklage ist zulässig, wenn Versicherer durch nachgeschobenen Formulierung den Eindruck vermittelt, er könne sich von einer zurückliegenden Erklärung einseitig lösen); LG Wiesbaden v. 19.8.2003 – 7 O 114/03 – und OLG Frankfurt v. 27.4.2004 – 7 U 192/03 – zfs 2005, 334 (Anm. Diehl) (Fordert der Verletzte die Haftpflichtversicherung auf, "zur Vermeidung eines unnötigen Prozesses eine Erklärung zum Haftungsgrund abzugeben", liegt in der Antwort des Versicherers, dass wunschgemäß "zum Haftungsgrund des Unfalls Einwendungen nicht vorgetragen werden", ein titelersetzendes Anerkenntnis).
[810] BGH v. 23.10.1984 – VI ZR 30/83 – DAR 1985, 54 = MDR 1985, 479 = NJW 1985, 791 = r+s 1985, 15 = VersR 1985, 62 = VRS 68, 81 = zfs 1985, 70; BGH v. 26.5.1992 – VI ZR 253/91 – DAR 1992, 375 = MDR 1993, 125 = NJW 1992, 2228 = NZV 1992, 356 = r+s 1992, 304 = VersR 1992, 1091; OLG Karlsruhe v. 10.3.2000 – 10 U 271/99 – DAR 2000, 267; OLG Karlsruhe v. 20.7.1990 – 14 U 172/89 – r+s 1991, 252 = zfs 1990, 301; OLG Hamm v. 11.2.2000 – 9 U 204/99 – DAR 2000, 307 (nur Ls.) = SP 2000, 413.
[811] Siehe OLG Saarbrücken v. 21.5.1993 – 4 U 79/92 – r+s 1995, 17 (nur Ls.) = VersR 1995, 831 (BGH hat Revision nicht angenommen, Beschl. v. 14.6.1994 – VI ZR 202/93 –).

bb) Feststellungsinteresse

 

Rz. 940

 

Hinweis

Siehe Rdn 933 ff.

cc) Formulierungsvorschlag

 

Rz. 941

Als prozessvermeidende Erklärung kann beispielsweise folgender Text Verwendung finden (Die Variablen sind in Klammer < … > gesetzt):[812]

 

Rz. 942

 

Übersicht 2.19: Vertragliche Ersetzung eines Feststellungsurteils

Mit der Wirkung eines am <1.7.2017[813] > rechtskräftigen[814] Feststellungsurteils wird im Rahmen der vereinbarten Deckungssumme[815] anerkannt, <Frau Alexandra Müller> den unfallbedingten zukünftigen <materiellen/immateriellen Schaden/Verdienstausfall[816] > ab dem <1.10.2018[817] > aus dem Unfall vom <10.5.2016> in <Neustadt[818] > unter Zugrundelegung einer vereinbarten Haftungsquote von <60 % BGB[819] > zulasten des <Haftpflichtversicherers H[820] > und seiner mitversicherten Personen zu erstatten, soweit ein Forderungsübergang auf Drittleistungsträger nicht stattgefunden hat.

Der Schaden aus jedweder[821] … <Verzögerung der Ausbildung[822] > … ist allerdings abgegolten.

[812] Jahnke, Die vergleichsweise Regulierung von Schadensfällen, VersR 1995, 1145 (1148); Jahnke, Verjährung und Verwirkung im Schadenersatzrecht, VersR 1998, 1473 (1478).
[813] Stichtagsregelung. Das Datum ist frei wählbar (z.B. Unfalltag).
[814] Eine auf ein anderes als das Datum der Rechtskraft abstellende Stichtagsregelung ist nicht eindeutig definiert. Man wird daher eine solche ungenaue Bestimmung um die Monatsfrist des Rechtsmittels verlängern müssen. Die Verjährung von Ansprüchen aus Titeln nach § 218 BGB beginnt mit der Rechtskraft des Urteils. Zur Vermeidung von Unklarheiten darf daher nicht auf ein "Verkündungsdatum", sondern nur auf das Datum der Rechtskraft abgestellt werden.

Die Rechtskraft eines Urteiles kann zu unterschiedlichen Zeitpunkten nach dem Tag der Verkündung eintreten, so u.a.

  • beim (ersten) Versäumnisurteil mit Ablauf der Einspruchsfrist (§ 339 I ZPO);
  • bei streitigen Urteilen erst mit Ablauf der Rechtsmittelfrist (Monatsfrist, §§ 705, 517 ZPO);
  • bei Urteil des OLG mit Ablauf der Revisionsfrist (§ 548 ZPO) oder der Frist für die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 544 I ZPO);
  • bei Urteil des BGH bereits mit der Verkündung (§ 310 ZPO).

(Zu Einzelheiten siehe Zöller-Seibel, 32. Aufl. 2018, § 705 ZPO Rn 5 ff.).

[815] Bei Vorleistungspflicht trotz Versagung des Versicherungsschutzes muss es dann konsequenterweise heißen: "im Rahmen der gesetzlichen Mindestversicherungssumme".
[816] Die vorbehaltene Schadenersatzposition sollte konkretisiert sein.
[817] Stichtagsregelung.
[818] Zur Klarstellung sollte das Haftpflichtereignis eindeutig umschrieben sein.
[819] Besteht nur Haftung aus Gefährdungshaftung, ist wegen einer damit einhergehenden Haftungshöchstsumme (z.B. § 12 StVG) dieses auch zu dokumentieren (z.B. "60 % StVG"). Die Haftungshö...

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