Rz. 895

 

Hinweis

Siehe auch § 3 Rdn 315 ff.

1. Mandatsvertrag

a) Geschäftsbesorgungsvertrag

 

Rz. 896

Das Mandatsverhältnis ist ein zivilrechtlicher Vertrag,[915] und zwar – jedenfalls bei der Abwicklung von Schadenersatzansprüchen aus Haftpflichtereignissen – ein Geschäftsbesorgungsvertrag (§ 675 BGB).[916]

 

Rz. 897

 

Hinweis

Ein Anwalt sollte sich vergewissern, wer auf Mandantenseite parallel ebenfalls tätig bzw. involviert ist (z.B. Gewerkschaft, weiterer Anwalt für sozialrechtliche oder arbeitsrechtliche Fragestellungen, Geschädigtenverband).

[915] OLG Köln v. 24.5.2022 – 9 U 173/20 – openJur 2022, 15683 = VersR 2022, 1434 (Übernimmt der Rechtsanwalt eine Treuhändertätigkeit für seinen Mandanten, ist das nur dann eine versicherte Anwaltstätigkeit, wenn es zu seinen Aufgaben gehört, den Treugeber auch in Rechtsfragen zu beraten. Eine reine Vermögensverwaltung ohne Bezug zur Rechtsberatung ist nicht versichert.).
[916] Grüneberg-Sprau, 83. Aufl. 2024, § 675 BGB Rn 23 "Rechtsanwalt".

b) Wirksamkeit

aa) Interessenkollision

 

Rz. 898

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 558 ff., 575 f., 912 ff. und 1514 ff.

 

Rz. 899

 

§ 43a BRAO – Grundpflichten (ab 1.8.2022)[917]

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.
  (…)
(4)

1Der Rechtsanwalt darf nicht tätig werden, wenn er einen anderen Mandanten in derselben Rechtssache bereits im widerstreitenden Interesse beraten oder vertreten hat.

2Das Tätigkeitsverbot gilt auch für Rechtsanwälte, die ihren Beruf gemeinschaftlich mit einem Rechtsanwalt ausüben, der nach Satz 1 nicht tätig werden darf.

3Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 2 bleibt bestehen, wenn der nach Satz 1 ausgeschlossene Rechtsanwalt die gemeinschaftliche Berufsausübung beendet.

4Die Sätze 2 und 3 sind nicht anzuwenden, wenn die betroffenen Mandanten der Tätigkeit des Rechtsanwalts nach umfassender Information in Textform zugestimmt haben und geeignete Vorkehrungen die Einhaltung der Verschwiegenheit des Rechtsanwalts sicherstellen.

5Ein Tätigkeitsverbot nach Satz 1, das gegenüber einer Berufsausübungsgesellschaft besteht, entfällt, wenn die Voraussetzungen des Satzes 4 erfüllt sind.

6Soweit es für die Prüfung eines Tätigkeitsverbots nach Satz 1 oder Satz 2 erforderlich ist, dürfen der Verschwiegenheitspflicht unterliegende Tatsachen einem Rechtsanwalt auch ohne Einwilligung des Mandanten offenbart werden.

(5)

1Abs. 4 Satz 1 gilt entsprechend für die Tätigkeit als Referendar im Vorbereitungsdienst im Rahmen der Ausbildung bei einem Rechtsanwalt.

2Abs. 4 Satz 2 ist nicht anzuwenden, wenn dem Tätigkeitsverbot nach Abs. 4 Satz 1 eine Tätigkeit als Referendar nach Satz 1 zugrunde liegt.

(6) Abs. 4 Satz 1 gilt entsprechend für ein berufliches Tätigwerden des Rechtsanwalts außerhalb des Anwaltsberufs, wenn für ein anwaltliches Tätigwerden ein Tätigkeitsverbot nach Abs. 4 Satz 1 bestehen würde.
  (…)
 

§ 43a BRAO – Grundpflichten (bis 31.7.2022)

(1) Der Rechtsanwalt darf keine Bindungen eingehen, die seine berufliche Unabhängigkeit gefährden.
  (…)
(4) Der Rechtsanwalt darf keine widerstreitenden Interessen vertreten.
  (…)
 

Rz. 900

Mit der BRAO-Reform zum 1.8.2022[918] wurde § 43a Abs. 4 BRAO a.F., der das Verbot der Vertretung widerstreitender Interessen regelt, geändert.[919]

 

Rz. 901

Der Anwalt hat über die Gefahr kollidierender Interessen zu beraten.[920]

 

Rz. 902

Ein Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot führt i.d.R. dann nicht zur Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, wenn das Verbot dispositiv ist, also von den Parteien einverständlich abbedungen werden kann. Dispositive Verbote verlangen nicht nach einer grundsätzlichen Nichtigkeitssanktion. Können die Parteien aber nicht über den Bestand des Verbotes verfügen, bleibt es bei der Nichtigkeit.[921]

 

Rz. 903

Ein Anwaltsvertrag, mit dessen Abschluss der Rechtsanwalt gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist nichtig.[922] Verträge, die gegen die berufsrechtlichen Tätigkeitsverbote des § 46 Abs. 2 Nr. 1 BRAO (rechtsbesorgende Tätigkeit in derselben Angelegenheit),[923] des § 45 Abs. 1 Nr. 1 BRAO[924] (Tätigwerden in derselben Rechtssache u.a. als Richter, Staatsanwalt, Angehöriger des öffentlichen Dienstes, Notar) und das Tätigkeitsverbot des § 43a Abs. 4 BRAO (Vertretung bei widerstreitenden Interessen)[925] verstoßen, sind gemäß § 134 BGB nichtig. Es reicht, dass der Tatbestand der Verbotsnorm objektiv erfüllt ist, ein Verschulden des Rechtsanwalts ist nicht erforderlich; es kommt nicht darauf an, ob dem Kläger zum Zeitpunkt der Übernahme der Mandate die Verbotswidrigkeit seines Handelns bewusst war.[926] Der Schutzzweck dieser Verbote (Schutz des Vertrauens in die Rechtspflege und die Eindämmung von Interessenkollisionen) liefe weitgehend leer, wenn der Anwalt aus seiner verbotswidrigen Tätigkeit eine Vergütung beanspruchen könne.[927] Ist ein Anwaltsvertrag nichtig, weil der Rechtsanwalt mit dem Abschluss des Vertrags gegen das Verbot verstößt, widerstreitende Interessen zu vertreten, ist ein Bereicherungsanspruch für Leistungen des Rechtsanwalts ausgeschlossen, wenn der Anwalt vorsätzlich gegen das Verbot versto...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge