Rz. 687

 

Hinweis

Siehe auch Rdn 918, 1003 ff.

 

Rz. 688

 

§ 32 SGB I – Verbot nachteiliger Vereinbarungen

Privatrechtliche Vereinbarungen, die zum Nachteil des Sozialleistungsberechtigten von Vorschriften dieses Gesetzbuchs abweichen, sind nichtig.

 

§ 46 SGB I – Verzicht

(1) Auf Ansprüche auf Sozialleistungen kann durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leistungsträger verzichtet werden; der Verzicht kann jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.
(2) Der Verzicht ist unwirksam, soweit durch ihn andere Personen oder Leistungsträger belastet oder Rechtsvorschriften umgangen werden.
 

§ 53 SGB I – Übertragung und Verpfändung

(1) Ansprüche auf Dienst- und Sachleistungen können weder übertragen noch verpfändet werden.
(2)

Ansprüche auf Geldleistungen können übertragen und verpfändet werden

1. zur Erfüllung oder zur Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind oder,
2. wenn der zuständige Leistungsträger feststellt, daß die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt.
(3) Ansprüche auf laufende Geldleistungen, die der Sicherung des Lebensunterhalts zu dienen bestimmt sind, können in anderen Fällen übertragen und verpfändet werden, soweit sie den für Arbeitseinkommen geltenden unpfändbaren Betrag übersteigen.
(4) Der Leistungsträger ist zur Auszahlung an den neuen Gläubiger nicht vor Ablauf des Monats verpflichtet, der dem Monat folgt, in dem er von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis erlangt hat.
(5) Eine Übertragung oder Verpfändung von Ansprüchen auf Geldleistungen steht einer Aufrechnung oder Verrechnung auch dann nicht entgegen, wenn der Leistungsträger beim Erwerb des Anspruchs von der Übertragung oder Verpfändung Kenntnis hatte.
 

Rz. 689

Ein Sozialversicherter kann gegenüber dem Ersatzpflichtigen nur diejenigen Ansprüche geltend machen, die nicht nach § 116 SGB X auf einen SVT übergegangen sind. Nur über die bei ihm verbliebenen Ansprüche kann der Anspruchsberechtigte einen Vergleich mit dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer schließen.[556] Ein Vorbehalt in der Abfindungserklärung, dass "die auf SVT übergegangenen Ansprüche unberührt bleiben", ist daher regelmäßig nur deklaratorisch.

 

Rz. 690

Wenn der unmittelbar Verletzte in seiner Abfindung darauf verzichtet, künftig Sozialleistungen in Anspruch zu nehmen (z.B. Kurmaßnahme, Umschulung, aber auch Erwerbsminderungsrente oder Hinterbliebenenrente), ist zu bedenken, dass der Geschädigte zwar auf seine Ansprüche gegenüber dem SVT verzichten kann (§ 46 SGB I), dieser Verzicht für die Zukunft allerdings widerruflich ist (§ 46 Abs. 1 SGB I).[557] Wirksam kann zwar eine Sanktionsklausel ("Für den Fall, dass eine Umschulung durch einen SVT gewährt wird, erstattet der Verletzte einen Betrag von … EUR") im Abfindungsvergleich vereinbart werden, die Durchsetzung einer entsprechenden Rückforderung kann dann aber auf praktische Schwierigkeiten stoßen. Die gegenüber dem Schadenersatzpflichtigen abgegebene Erklärung ist hinsichtlich der Leistungspflicht des SVT letztlich nur eine unbeachtliche Absichtserklärung.

 

Rz. 691

Stehen die Leistungen des SVT noch nicht fest und werden daher besondere Abreden (insbesondere Abtretungen) mit in die Abfindung einbezogen, sind die für Sozialversicherungsleistungen geltenden Beschränkungen nach §§ 32, 53 SGB I (Verbot nachteiliger Vereinbarungen, eingeschränkte Übertragung/Verpfändung) zu beachten.[558]

 

Rz. 692

Ansprüche auf Geldleistungen können allerdings abgetreten und verpfändet werden (§ 53 Abs. 2 SGB I) zur Erfüllung oder Sicherung von Ansprüchen auf Rückzahlung von Darlehen und auf Erstattung von Aufwendungen, die im Vorgriff auf fällig gewordene Sozialleistungen zu einer angemessenen Lebensführung gegeben oder gemacht worden sind. Bei Abtretungen gerade von Sozialleistungen ist das Bestimmtheitserfordernis[559] zu beachten.

 

Rz. 693

Der Geschädigte muss die Leistungen von dritter Seite ungefragt offenbaren (im Detail Rdn 399 ff.; siehe auch Rdn 494).

[556] Zu Forderungsübergängen, deren Zeitpunkt und Umfang siehe ausführlich Jahnke/Burmann-Jahnke/Burmann, Handbuch des Personenschadensrechts, 1. Aufl. 2016, Kap. 5 Rn 2997 ff., 3352 ff.
[557] Jahnke/Burmann-Jahnke, Handbuch des Personenschadensrechts, 1. Aufl. 2016, Kap. 4 Rn 51, 3770.
[558] Siehe ergänzend Wussow WI 1994, 145.
[559] BSG v. 19.3.1992 – 7 RAr 26/91 – BSGE 70, 186 (Erst zukünftig entstehende Ansprüche eines Arbeitslosen gegen das Arbeitsamt sind nach § 53 SGB I nur dann wirksam abgetreten, wenn sie nach ihrer konkreten Bezeichnung ausreichend bestimmt sind. Eine Erklärung, wonach "hiermit meine Ansprüche gegenüber dem Arbeitsamt … in Höhe der mir zu gewährenden Leistungen nach dem AFG" abgetreten werden, genügt diesen Anforderungen nicht.).

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