Rz. 1330
Stellt sich zu einem späteren Zeitpunkt heraus, dass ein Schadenfall als Arbeitsunfall oder Wegeunfall in die Zuständigkeit der gesetzlichen Unfallversicherung gehört, stellt sich die Anspruchsberechtigung der gesetzlichen Krankenkasse als von Anfang fehlend heraus (auch Rdn 547).
Rz. 1331
Leistungen, die die Krankenkasse (und gegebenenfalls die Pflegekasse außerhalb der RV-Beiträge) tatsächlich erbracht hat, sind ihr von der Unfallversicherung zu erstatten (§§ 102 ff. SGB X). Im Verhältnis zum Schadenersatzpflichtigen stehen der Krankenkasse aus keinem Rechtsgrund Ansprüche zu; das gilt auch für den Fall, dass die Krankenversicherung aufgrund interner Vereinbarung mit der Unfallversicherung einzelne Positionen (z.B. ambulante Behandlungskosten) nicht erstattet erhält.
Rz. 1332
Dasselbe gilt, wenn sich die Zuständigkeit eines Unfallversicherers (z.B. GUV für Nothelfer) im Nachhinein als unzutreffend erweist und die Leistungen nunmehr von einer Berufsgenossenschaft (z.B. bei Unfall auf dem Weg zur Arbeit) erbracht werden. Auch hier erfolgt im Verhältnis zum Schädiger eine Rückabwicklung wie bei Fortfall der Krankenkassen-Zuständigkeit.
Rz. 1333
Ein Abfindungsvergleich zwischen gesetzlicher Kranken-/Pflegekasse und Ersatzpflichtigem (insbesondere Haftpflichtversicherer) ist ebenfalls unwirksam (§ 779 BGB) und bindet insbesondere nicht die Unfallversicherung.
Rz. 1334
Soweit der Ersatzpflichtige an die Krankenkasse leistete, steht ihm ein Rückforderungsrecht nach § 812 BGB zu, dem allerdings bei Versäumung der Fristen (§§ 111, 113 SGB X) im Verhältnis der SVT zueinander § 242 BGB im Einzelfall entgegenstehen kann. Gleiches gilt bei anderen Wechseln in der Zuständigkeit von Sozialleistungsträgern.
Rz. 1335
Zum Interessenausgleich führt der BGH aus:
Zitat
Die Voraussetzungen für einen Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB sind grundsätzlich sowohl hinsichtlich der Leistungen der Klägerin (Haftpflichtversicherung) aufgrund des Teilungsabkommens als auch der Leistungen aufgrund des Abfindungsvergleichs zu bejahen. Eine abschließende Entscheidung über den Klageanspruch hängt allerdings davon ab, ob und gegebenenfalls inwieweit sich die Beklagte (Krankenkasse) zu Recht auf Entreicherung (§ 818 Abs. 3 BGB) beruft. Diese Einrede kann grundsätzlich auch ein in Anspruch genommener Sozialleistungsträger erheben. Im vorliegenden Fall könnte sich die Entreicherung der Beklagten daraus ergeben, dass ihr Erstattungsanspruch gegen den Streithelfer (gesetzliche Unfallversicherung) aus § 105 SGB X wegen Versäumung der einzuhaltenden Fristen (§§ 111, 113 SGB X) ausgeschlossen ist, wobei möglicherweise die Ursache der Fristversäumung in Betracht gezogen werden muss (§§ 818 Abs. 4, 819 BGB).
Erheblich ist auch der Einwand der Beklagten, das Rückforderungsverlangen der Klägerin sei treuwidrig, weil sie, obwohl sie für die Folgen des Unfalls des R. (verletzte Person) umfassend einstandspflichtig sei, durch die gestaffelte Rückabwicklung hinsichtlich der von der Beklagten erbrachten Leistungen zumindest teilweise grundlos entlastet werde (§ 242 BGB). Dies kann dem Bereicherungsanspruch der Klägerin je nach den besonderen Umständen des Falls entgegenstehen. Die Grundsätze von Treu und Glauben beanspruchen gerade im Bereicherungsrecht unter dem Blickpunkt der Billigkeit in besonderem Maße Geltung. “
Rz. 1336
Auch wenn in der Praxis der Hauptanwendungsfall Krankenkassenleistungen betrifft, gilt Vorstehendes ebenso für Leistungen der Arbeitsverwaltung und Rentenversicherung, soweit die gesetzliche Unfallversicherung primär leistungspflichtig ist.