Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 40
Voraussetzung für Ausgleichsansprüche ist nach der neuen Rechtsprechung, dass ihnen Leistungen zugrunde liegen, "die über das hinausgehen, was das tägliche Zusammenleben erst ermöglicht". Damit sind insbesondere finanzielle Beiträge für die Lebensgemeinschaft von einem Ausgleich ausgeschlossen, die der Deckung von Grundbedürfnissen des Alltags dienen, z.B. Lebensmittel oder Miete. Das OLG Frankfurt hat prägnant formuliert: "Die entsprechenden Ausgaben gingen nicht über das Maß hinaus, die das tägliche Zusammenleben in der konkreten Art der Lebensführung der Parteien ermöglichten, sondern sollten ersichtlich den gewöhnlichen Konsum im Hier und Jetzt abdecken, ohne auf die Zukunft gerichtet zu sein." Der Ausschluss gilt auch für einen etwaigen Gesamtschuldnerausgleich nach § 426 BGB. Dieser Ausschluss ist sinnvoll, sogar notwendig, um eine umfassende Auseinandersetzung nach gescheiterter Lebensgemeinschaft zu verhindern. Er ist zudem sachlich gerechtfertigt, weil in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft davon auszugehen ist, dass derartige Beiträge, die sich in überschaubarem Zeitraum verbrauchen und (auch) dem anderen Lebensgefährten zu Gute kommen, unentgeltlich zugewendet werden. Der Rechtsgrund hierfür liegt in einer sogenannten unbenannten Zuwendung, die auch nach Trennung rückforderungsfest ist. Weil sie sich rasch verflüchtigen, kann nicht angenommen werden, dass im Rahmen derartiger Beiträge (auch) dem anderen Lebensgefährten zugewendete Leistungen unter Vereinbarung eines Zwecks gemäß § 812 Abs. 1, S. 2, 2. Alternative BGB erfolgen oder dass ihre Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) im Fortbestand der Lebensgemeinschaft besteht. Allerdings kann die Abgrenzung des prinzipiell ausgleichspflichtigen Bereichs von ausgleichsfreien alltäglichen Zuwendungen bisweilen fraglich sein. In einem Urt. v. 31.10.2007 hat der BGH einen Geldbetrag von fast 40.000 EUR, den ein schwer Kranker seiner Lebensgefährtin mit dem Verwendungszweck "Umbuchung" überwies, als gemeinschaftsbezogenen Zuwendung qualifiziert, die nicht auszugleichen war. In einem Urt. v. 6.7.2011 hat der BGH dies in einem obiter dictum bestätigt.
Rz. 41
In einem Urt. v. 3.2.2010 hat der BGH diese Rechtsprechung bestätigt. Dabei ging es um Mietzahlungen für die während bestehender Partnerschaft gemeinsam bewohnten Räume. Die Partnerin bekam ein Kind von ihrem Lebensgefährten, das sie während der etwa zweijährigen Lebensgemeinschaft allein betreute. Nur der Mann ging einer Erwerbstätigkeit nach. Da nur er über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügte, zahlte er während der bestehenden Lebensgemeinschaft die Miete für die gemeinsame Wohnung allein. Zum Trennungszeitpunkt bestanden erhebliche Mietrückstände. Der Vermieter erstritt (nach der Trennung der Partner) ein Gerichtsurteil, das die ehemaligen Partner gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 1.527,74 EUR rückständiger Miete und 390,01 EUR Kosten verpflichtete. Der Mann beglich diese Schuld allein in vollständiger Höhe. Anschließend begehrte er von seiner Ex-Partnerin Erstattung der Hälfte. Der BGH versagte ihm einen entsprechenden Anspruch. Für die Mietzahlung gelte das Ausgleichsverbot. Es handelt sich um Kosten der gemeinsamen Lebensführung. Ein Anspruch auf Erstattung im Wege des Gesamtschuldnerausgleichs (§ 426 Abs. 1 S. 1 BGB) scheitere, weil die Partner "ein anderes bestimmt" hätten. Dies ergebe sich aus ihrer Aufgabenverteilung während der intakten Partnerschaft. Die Frau habe danach allein das gemeinsame Kind betreut. Der Partner hat die Mietschuld in dieser Zeit allein beglichen (soweit sie überhaupt erfüllt wurde). Zudem war er seiner Lebensgefährtin gegenüber nach § 1615l BGB unterhaltspflichtig. Hieraus ergebe sich, dass die Mietzahlung im Innenverhältnis allein Aufgabe des Mannes gewesen sei. Dies müsse für alle Mietzahlungen gelten, die während der intakten Partnerschaft fällig gewesen seien. Auf den Erfüllungszeitpunkt komme es nicht an. Daher seien auch die rückständigen Mieten im Innenverhältnis allein vom Mann zu tragen gewesen.