Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
I. Ausgleichsverbot
Rz. 6
In seiner bis zu den Urteilen vom 9.7.2008 ständigen Rechtsprechung lehnte der BGH es grundsätzlich ab, nach der Beendigung einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft in die Vermögenszuordnung der Partner einzugreifen. Die Rechtsprechung unterschied dabei nicht, ob die Lebensgemeinschaft durch Trennung oder durch Tod geendet hatte. Hauptmotiv dieser Rechtsprechung war, zu vermeiden, dass der Partner, der finanzielle Beiträge erbracht hat, besser gestellt wird, als derjenige, der sich mit im Nachhinein kaum bewert- und bezifferbaren Eigenleistungen insbesondere im Haushalt eingebracht hat. Als Ausnahme von diesem Ausgleichsverbot erkannte der BGH neben ausdrücklichen abweichenden Vereinbarungen Ausgleichsansprüche im Wesentlichen nur unter dem Gesichtspunkt einer durch konkludentes Verhalten begründeten Innengesellschaft an. An deren Annahme knüpfte und knüpft der BGH hohe Anforderungen (zur alten Rechtsprechung siehe Rdn 14 ff., zur neuen Rechtsprechung siehe Rdn 28).
Rz. 7
Die alte Rechtsprechung des BGH ging von dem Grundsatz aus, dass in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft Leistungen materieller oder immaterieller Art, die dem anderen Partner oder der Lebensgemeinschaft zu Gute kommen, unentgeltlich erbracht sind. Dieser alten BGH-Rechtsprechung zufolge blieben insbesondere Beiträge im Interesse der Führung der Lebensgemeinschaft, d.h. finanzielle und immaterielle Leistungen im Rahmen der gemeinsamen Haushaltsführung und solche Beiträge zum Zusammenleben, die bei Parallelwertung in intakter Ehe dem Familienunterhalt (§§ 1360, 1360a BGB) zuzurechnen wären, nicht ausgeglichen. Gleiches galt für die (im Zweifel unentgeltliche) Pflege des kranken Partners und für den Tilgungs- und Zinsdienst in Bezug auf ein Darlehen, das ein Lebensgefährte im Interesse des Zusammenlebens aufgenommen hat und nach den Darlehensbedingungen alleine bedienen muss. Nach Ansicht der Rechtsprechung bestimmen die persönlichen Beziehungen auch das die Lebensgemeinschaft betreffende vermögensmäßige Handeln der Partner. Persönliche und wirtschaftliche Leistungen der Lebensgefährten seien daher nicht gegeneinander abzurechnen. Die Vorstellung, für Leistungen im gemeinsamen Interesse könnten ohne Abrede Gegenleistungen, Wertersatz, Ausgleichung oder Entschädigung verlangt werden, sei nichtehelichen Lebensgemeinschaften fremd. Beiträge im Rahmen des Zusammenlebens würden geleistet, sofern Bedürfnisse auftreten und, wenn nicht von beiden, so von demjenigen erbracht, der dazu in der Lage ist. Der BGH ging davon aus, dass Partner einer langjährigen nichtehelichen Lebensgemeinschaft die gegenseitigen finanziellen oder Arbeitsleistungen im Rahmen der Haushaltsführung als gleichwertig ansehen. Sie gewährten sie daher nicht in der Erwartung, hierfür eine Bezahlung zu erhalten. So hat der BGH entschieden, dass angeblich von 1946 bis 1960 geleistete Unterhaltszahlungen in Höhe von 20.000 DM des Mannes von seinen Erben nicht zurück verlangt werden können, und dies insbesondere damit begründet, dass ihnen Leistungen der Haushaltsführung der Frau gegenüberstanden. Dieser Rechtsprechung lag die Wertung zu Grunde, dass Geldleistungen und Arbeitsleistungen, die in intakter Ehe als Beiträge zum Familienunterhalt (§ 1360 BGB) einzuordnen wären, in nichtehelicher Lebensgemeinschaft ebenfalls gleichwertig sind. Hinzu kam die Scheu davor, Arbeitsleistungen im Haushalt nach Stundenzahl und Stundenlohn zu bewerten. Hervorgehoben wurde auch der Zusammenhang mit der (rechtlich irrelevanten) Lebensgemeinschaft. Das OLG München hat in einem Urt. v. 28.7.1987 entschieden, dass ein Lebensgefährte ohne entsprechende Vereinbarung vom anderen nicht Aufwendungsersatz, Erstattung, (Gesamtschuldner-) Ausgleich oder in anderer Weise Ersatz für Materialaufwand und eigene Arbeitsleistungen im Zusammenhang mit einer Renovierung einer gemeinsam mit der Lebensgefährtin bewohnten Wohnung beanspruchen kann. Das OLG Oldenburg hat ausgeführt, dass ein Partner, der langlebige Wirtschaftsgüter anschafft, nicht besser gestellt werden darf, als der, der für den täglichen Bedarf einkauft, Wohnraum zur Verfügung stellt oder Dienstleistungen erbringt. Die einander erbrachten Leistungen seien vielmehr als gleichwertig anzusehen, schon deshalb, weil es gar nicht möglich sei, nach Beendigung der Lebensgemeinschaft den Umfang der erbrachten Leistungen festzustellen und zu bewerten.