Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
1. Entwicklung der Rechtsprechung
Rz. 52
Wie bereits ausgeführt (vgl. oben Rdn 29 ff.) hat der BGH das Ausgleichsverbot im Bereich wesentlicher Beiträge eines Partners zur gemeinsamen Lebensgemeinschaft mit seinen Urteilen vom 9.7.2008 aufgegeben für die Fälle, in denen die Lebensgemeinschaft durch Trennung endet. Zu der Konstellation, dass sie durch den Tod des zuwendenden Partners endet, hatte der BGH in den vorgenannten Grundsatzurteilen dagegen nicht Stellung nehmen müssen. Der Tod des Zuwendenden hat den BGH im Urt. v. 31.10.2007 im so genannten Umbuchungsfall beschäftigt. Ob in derartigen Fällen Ausgleichsansprüche nach § 313 BGB (gemeinschaftsbezogene Zuwendung, deren Wegfall mit Auflösung der Lebensgemeinschaft eintritt) oder nach § 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB zur Anwendung kommen können, konnte der BGH dabei offenlassen. Der geldgebende Erblasser hatte im Urt. v. 31.10.2007 bei der mit "Umbuchung" betitelten Überweisung von fast 40.000 EUR an die Lebensgefährtin seinen nahen Tod vor Augen, so dass nicht davon ausgegangen werden konnte, dass der Fortbestand der Lebensgemeinschaft Geschäftsgrundlage der "Umbuchung" war. Der BGH stufte die Zahlung zu deren offensichtlich freier Verfügung noch als Beitrag zur gemeinsamen Haushaltsführung ein, für die das Ausgleichsverbot gilt. Im Urt. v. 25.11.2009 musste der BGH jedoch "Farbe bekennen", weil keine Beiträge zum täglichen Zusammenleben, sondern solche der Vermögensbildung im Raum standen.
2. Ausscheiden von Beiträgen des täglichen Zusammenlebens
Rz. 53
Ein Ausgleich von Beiträgen im Rahmen des täglichen Zusammenlebens scheidet aus. Für diese gilt das in jahrzehntelanger Rechtsprechung entfaltete so genannte Ausgleichsverbot unverändert fort. Danach sehen die Lebensgefährten die beiderseitigen finanziellen oder persönlichen Leistungen im Rahmen der Lebens- und Haushaltsführung als gleichwertig an. Die Erben des spendablen Partners können daher z.B. Zahlungen des Erblassers auf gemeinsame Darlehen wegen der Anschaffung eines Pkw, des Dachgeschossausbaus sowie von Versicherungs- und Gewinnsparbeiträgen nicht zurückverlangen.
3. Vorrang vertraglicher Regelungen
Rz. 54
Stets sind vertragliche Vereinbarungen vorrangig. Hat z.B. der Erblasser seiner Partnerin ein Hausgrundstück übertragen und sich dabei höchstpersönliche Rechte vorbehaltenen – Wohnungs- und Mitbenutzungsrecht sowie Rückübereignungsansprüche –, die ihm nur zu seinen Lebzeiten zustehen sollten, sind diesbezügliche Ausgleichsansprüche seiner Erben im Ergebnis regelmäßig nicht angezeigt. Aus derartigen ausdrücklichen Regelungen wird deutlich, dass die Beteiligten die Partnerin nach dem Tod ihres Partners keinen Ausgleichsansprüchen von Seiten der Erben aussetzen wollten.
Rz. 55
An dieser Stelle zeigt sich einmal mehr die hohe Bedeutung, die eine konkrete vertragliche Regelung zwischen den Partnern über die Folgen der Auflösung der Partnerschaft hat. Dass der Erblasser in dem vorgenannten Beispielsfall seine Partnerin nicht testamentarisch bedacht hat, steht dem vom BGH gefundenen Ergebnis insbesondere dann nicht entgegen, wenn das Hausgrundstück wesentlicher Vermögensgegenstand des Erblassers ist, weil für ihn mangels nennenswerter Erbmasse kein Bedarf für eine letztwillige Regelung besteht.
4. Ausgleich auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage
Rz. 56
Sofern keine vertraglichen Regelungen getroffen sind, können sich Ausgleichsansprüche nach beendeter nichtehelicher Lebensgemeinschaft nach der neueren BGH-Rechtsprechung aus BGB-Innengesellschaft (ab 1.1.2024: "nicht rechtsfähige Gesellschaft", § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB idF durch das MoPeG; § 740b Abs. 1 BGB idF durch das MoPeG bzw. – bei Handelsgewerbe §§ 230 ff. HGB), wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 346 ff. BGB) sowie wegen Zweckverfehlung (§ 812 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 BGB) ergeben. Eine Innengesellschaft zwischen Lebensgefährten wird nach neuerer BGH-Rechtsprechung im Wesentlichen nur dann konkludent begründet, wenn Vermögensgegenstände betroffen sind, die zur Erzielung von Einkünften dienen (z.B. Mietobjekte, Unternehmen, Freiberuflerpraxen), nicht dagegen, wenn es um das Familienwohnhaus geht.
Rz. 57
Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass eine BGB-Innengesellschaft (ab 1.1.2024: "nicht rechtsfähige Gesellschaft", § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB idF durch das MoPeG) durch den Tod eines Gesellschafters nach der ab 1.1.2024 geltenden dispositiven (vgl. § 740c Abs. 1 BGB idF durch das MoPeG) R...