Dr. iur. Maximilian von Proff zu Irnich
Rz. 23
Die beiden Grundsatz-Urteile des BGH zur nichtehelichen Lebensgemeinschaft vom 9.7.2008 haben finanzielle Beiträge bzw. Arbeitsleistungen eines Partners zum Gegenstand, die gemeinsam bewohnten Immobilien zu Gute kamen und weit über den Grad der dinglichen Beteiligung des Leistenden an dem Objekt hinausgingen.
1. Sachverhalt
Rz. 24
Im dem Urteil XII ZR 39/06 zugrundeliegenden Sachverhalt erwarben die Lebensgefährten im Jahr 1995 in Bruchteilsgemeinschaft zu je ½ ein Baugrundstück. Sie trugen den Kaufpreis für das Grundstück und die Grunderwerbsteuer zu gleichen Teilen. Die Partner bebauten das Grundstück anschließend mit einem Familienwohnhaus, das sie gemeinsam zu eigenen Wohnzwecken nutzten. Die Frau trug im Prozess vor, dass sie in weit höherem Umfang als der Mann zur Bebauung beigetragen habe. Von Beruf Architektin, habe sie allein umfangreiche Bauplanungsleistungen und erhebliche finanzielle Beiträge erbracht. Im Jahr 2002 ging die Beziehung auseinander. Die Frau verlangte nun vom Mann, ihr die Hälfte ihrer Mehrleistungen beim Hausbau zu erstatten. Diese bezifferte sie mit 203.926,77 EUR. Sie trug vor, dass sie und ihr Lebensgefährte bereits beim Erwerb des Grundstücks darüber einig gewesen seien, alle Kosten hälftig zu teilen.
Rz. 25
Im Urteil XII ZR 179/05 ging es ebenfalls um ein Familienwohnhaus. Dieses stand jedoch im Alleineigentum der Frau. Diese erwarb das betreffende Baugrundstück 1999 mit finanziellen Mitteln beider Partner allein auf ihren Namen. Anschließend wurde das Grundstück mit einem Einfamilienwohnhaus samt Einliegerwohnung bebaut. Der Mann wurde weder als Miteigentümer im Grundbuch eingetragen noch hat er eine sonstige dingliche Berechtigung an dem Grundstück erlangt. Dies entsprach seinem ausdrücklichen Wunsch. Er hatte Kinder aus einer geschiedenen Ehe. Diese sollten nach seinem Tode möglichst keine Erb- oder Pflichtteilsansprüche im Hinblick auf die Immobilie erwerben. Nach seinem bestrittenen Vortrag hat ihm seine Partnerin beim Erwerb ein lebenslanges "Wohnrecht" versprochen. Dem vom BGH wiedergegebenen Sachverhalt lässt sich nicht entnehmen, ob sich dieses "Wohnrecht" auf alle Räume der Immobilie oder – was nahe liegt – nur auf einen Teil davon erstrecken bzw. nur als Mitwohnrecht konzipiert sein sollte, ohne dass die Partnerin gänzlich von der Nutzung hätte ausgeschlossen werden können. Immerhin sollte das Anwesen den Lebensgefährten teils als gemeinsame Wohnung dienen, teils dem für eine Bausparkasse tätigen Mann als Büro und teils der Tochter der Frau als Wohnung. Die für die dingliche Entstehung des "Wohnrechts" erforderlichen Erklärungen hat die Frau jedoch in der Folgezeit nicht abgegeben, so dass es auch nicht im Grundbuch eingetragen worden ist. 2003 kam es zu Spannungen der Beteiligten. Auf eine Räumungsklage der Eigentümerin hin verließ der Partner das Haus. Er verlangte nun Zahlung in Höhe von 83.806,25 EUR als Ausgleich für seine finanziellen Beiträge zum Hausbau sowie 10.000 EUR als Ausgleich für seine am Hausbau erbrachten eigenen Arbeitsleistungen, die er mit einem Umfang von jedenfalls 1.000 Stunden zu jeweils 10 EUR ansetzte.
2. Entscheidung des BGH
Rz. 26
Legt man die bisherige Rechtsprechung des BGH zugrunde, so wären die geltend gemachten Ansprüche in beiden Verfahren abzulehnen gewesen. Anhaltspunkte für eine durch schlüssiges Verhalten begründete Innengesellschaft bürgerlichen Rechts der Lebensgefährten waren nicht ausreichend vorhanden. Im Falle XII ZR 39/06 lag dies daran, dass die Frau bereits als Miteigentümerin eingetragen war. Die Rechtsprechung des BGH hat Innengesellschaften im Wesentlichen nur in Fällen angenommen, in denen ein Partner alleine erworben hatte. Im Falle XII ZR 179/05 war das Bestehen einer Innengesellschaft deshalb abzulehnen, weil dem Partner nach seinem Vortrag bereits ein Wohnrecht versprochen war. Alles sprach daher dafür, dass der Mann lediglich ein Mitbenutzungsrecht, jedoch nicht das Miteigentum an dem Grundstück erhalten sollte. Eine Innengesellschaft kommt ebenfalls nicht zu Stande, wenn eine Immobilie allein auf die Frau angeschafft wird, weil der als selbstständiger Handwerker tätige Mann sie vor etwaigen Haftungs- oder Insolvenzrisiken schützen will.
Rz. 27
In Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung sieht der BGH nun Raum für Anspruchsgrundlagen jenseits des Ausgleichs nach den Regeln der Innengesellschaft bürgerlichen ...