Rz. 112

Alle Verfügungen eines gemeinschaftlichen Testamentes können auch in einem Erbvertrag getroffen werden. Anders als ein gemeinschaftliches Testament kann ein Erbvertrag aber nicht nur von Ehegatten oder Lebenspartnern errichtet werden.

 

Rz. 113

Die Bindungswirkung bei vertragsmäßigen Verfügungen eines Erbvertrages tritt unmittelbar bei Abschluss des Erbvertrages ein, wenn die Verfügungen vertragsmäßig getroffen werden. Insofern geht die Bindung des Erblassers beim Erbvertrag also weiter. Sie entsteht schon zu Lebzeiten des Erblassers und betrifft alle zulässigerweise als vertraglich getroffenen Verfügungen, das sind Erbeinsetzung, Vermächtnis und Auflage (§§ 2270 Abs. 3, 2278 Abs. 2 BGB).

 

Rz. 114

Aufgrund der stärkeren Bindungswirkung des Erbvertrages eignet sich dieser insbesondere besser für Konstellationen, bei denen der Bedachte und durch die Bindungswirkung zu Schützende eine Gegenleistung oder ein Entgelt zu erbringen hat, um die Begünstigung aus dem Erbvertrag zu erhalten. Dies könnten z.B. Abfindungszahlungen an weichende Erben, die Zahlung einer Leibrente an den Erblasser oder die Erklärung eines Pflichtteilsverzichts nach dem Erstversterbenden sein. Je mehr der Erbe in "Vorleistung" treten muss, umso mehr wird er auf eine Sicherung seines späteren Erbes bedacht sein. Dies wäre auch bei Patchwork-Gestaltungen relevant. Soll der gemeinsame Nachlass schlussendlich an alle Kinder, also eigene und Stiefkinder, fallen, so sind beim gemeinschaftlichen Testament die Kinder des einen Ehegatten gegen Verfügungen des anderen an seine eigenen Kinder zu Lebzeiten beider Ehegatten nicht geschützt. Der Schutz greift erst beim Tod des ersten Ehegatten ein. Bei einem Erbvertrag bestünde der Schutz dagegen ab Vertragsschluss.[157]

[157] Nieder/Kössinger/Kössinger/Zintl, § 11 Rn 7 ff.

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